• Sport
  • 1. FC Union Berlin

Union macht’s schnörkellos, aber auch torlos.

Mit den Eisernen durch die Bundesliga: Zu jedem Heimspiel schicken wir einen anderen Autor in die Alte Försterei - gegen Eintracht Frankfurt: Frank Willmann

  • Frank Willmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Frankfurter Würstchen oder eine Berliner Curry? Das Stadion als letzte Bastion fleischigen Fastfoods und eilig aus dem Behälter gepressten Biers. Es muss schnell gehen, hier wächst keine Blume sieben Minuten.

Trotz des merkwürdigen Union-Hypes besteht das Publikum mehrheitlich aus normalen Leuten. Kaum Extravaganz, kein Partyschnick und kein Erfolgsfanschnack. Vor den Toren der Alten Försterei streunen Eventwillige und Fußballhungrige aus aller Welt herum - auf der Suche nach einer Karte oder einem noch unentdeckten Loch im Zaun.

Ums Stadion herum auch viel Polizei: Den Frankfurter Fans eilt schließlich ein berüchtigter Ruf voraus. Sangesfreudig, strukturiert, feuerteuflig.

Ich und mein Begleiter E. aus L. tuckern souverän mit dem blauen Dacia auf den Parkplatz vor der Tribüne. Unser Auto hört auf den Namen Tote Oma, es gibt kaum eine Stelle an der Karosse, die in den letzten zehn Jahren des Herumtreibens in Osteuropa ohne Delle oder Kratzer blieb. Eine gescheckte Schönheit, die ich neben all den dicken Karren der Schlosserjungs und Baumeister einreihe.

Michael hatte gerufen. Und wenn er ruft, ist es uns schöne Aufgabe, unsere Astralleiber in die geweihten Hallen zu begeben. Wir erschnüffeln sogleich Ente und Fisch. Also erst mal Entenkeule und Riesenforelle. Ihmchen, Ohmchen und Ärmchen huschen vorbei. Ist das dahinten nicht Dirk? Der Präsident?

Die Eintracht bietet auf dem Rasen den holländischem Riesen Dost auf. War der nicht in Wolfsburg gescheitert? Nein, sagt E., der hat letzte Saison in Lissabon mächtig eingelocht. Bei Sporting, selbstverständlich! E. mag nur Vereine mit grüner Farbe.

Die Frankfurter Fans beginnen sehr stabil. Mit klaren Hits im Gepäck. Gleich in der ersten Minute brennt im Gästeblock die erste Pyro. E. schüttelt missbilligend den Kopf, ich freue mich und will mit ihm diskutieren, er winkt ab.

Union macht’s schnörkellos, aber auch torlos. Die Ente drückt im Bauch: Bring mir mal ne Flasche Bier! Die Frankfurter sagen »Nein zu Möller«, eine schicke Unionerin meint, vorm Spiel hätte es zwischen Frankfurter Fans und den Uniformierten Remmidemmi gegeben? Der Schupo ist mir pupo, reime ich - mich streift ein strafender Blick.

Lautstärkemäßig hält Union definitiv dagegen. Nach einer Parade des Berliner Torwarts hält der Riese Dost den Fuß hin. Zweiter Frankfurter Konter - 0:2 aus rotweißer Sicht. E. ist für Union. Ich fand in meiner Jugendzeit, die ich im Weimarer Kerker mit dem Abhören von Westsendern verbrachte, diese Eintracht aus Frankfurt gut.

Wieder Feuer im Eintracht-Block. Das Abbrennen von Pyrotechnik ist verboten, sagt Stadionsprecher Christian Arbeit. Er hat sich nach dem Aufstieg die Haare abschneiden lassen und ähnelt nun verdächtig Ai Weiwei.

E. scharrt mit den Füßen. Hat er auch zu viele Entenkeulen? Und ist der Sieg auch noch so fern, singen die Unioner. Und behalten recht. Spielt der FCU heute nur zu neunt?

»Union, Union, Union« … der finale Trauergesang? Die Fans heben die Schals über die Köpfe. Eberswalder, richtig gut die Wurst. Bierdurst, immer noch zu viel Ente im Leib. Der Kuchen kommt. Nein, ich will keinen Kuchen!

Eine einsame Motte flattert orientierungslos unterm Stadiondach. In welchem Bettchen ruht sich gerade der Kampfgeist aus? Das 1:2. Und ist der Sieg auch noch so fern…

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.