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Nicht gemäßigt ohne Flügel

Beim AfD-Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen hat die Partei einen neuen neuen Sprecher gewählt, bleibt aber eine extrem rechte Partei

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.
Das bevölkerungsreichste Bundesland ist auch für die AfD ein wichtiger Kampfplatz. Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende im Bundestag, formulierte es bei ihrem Grußwort am Samstagmorgen in Kalkar so: »In Nordrhein-Westfalen werden Wahlen gewonnen.« Damit dürfte Weidel recht haben, deswegen prägten ihre Rede auch zur Einigkeit mahnende Worte. Worum es der Partei inhaltlich geht, das wissen sowieso alle, die in die düstere Halle am Rand des »Wunderlands Kalkar« gekommen sind. Der Freizeitpark im nie in den Betrieb gegangenen Atomkraftwerk ist eine Art Wochenend-Mallorca für Junggesellenabschiede und Kegelclubs. Die NRW-AfD ist schon zum dritten Mal hier zu Gast.

Ein Parteitag im Sommer war im Chaos geendet, 9 von 12 Mitgliedern im Landesvorstand traten zurück. Der Landesverband wurde daraufhin vor allem von Thomas Röckemann und Christian Blex geführt, die dem »Flügel« um Andreas Kalbitz und Björn Höcke nahestehen. Röckemann hätte die Partei gerne weiter geleitet und startete dafür in den letzten Monaten zahlreiche Aktivitäten. Ein »Leitfaden« für die Kommunalwahlen 2020 wurde veröffentlicht, ein »Organisationshandbuch« ebenso.

Zusätzlich gab es zahlreiche Saalveranstaltungen. Seine Parteitagsrede stellte Röckemann unter das Motto »Alles was zählt, ist der Erfolg!«, darin legte er da, was er in den letzten Monaten getan hat. Das kam ebenso wenig an, wie seine extrem rechte Begrüßungsrede, in der er vom »Rassismus gegen Deutsche« sprach und das Bild vom Deutschen als »neuen Untermenschen« zeichnete, die von kriminellen Ausländern beherrscht würden.

Die Streitereien in den vergangenen Monaten, nehmen ihm viele Parteimitglieder übel. Außerdem hatte Röckemann einen Konkurrenten, bei dem niemand inhaltliche Abstriche machen musste. Rüdiger Lucassen, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Oberst der Bundeswehr erklärte, »die politische Positionierung des Flügel« sei nicht das Problem. In Westdeutschland müsse man aber anders agieren als im Osten, wo der »Flügel« seine größten Erfolge erzielt hat.

Im Gespräch mit der Presse sagte Lucassen, die Politik der AfD dürfe nicht »rückwärtsgewandt« sein, sondern müsse sich für die »Zukunft Deutschlands« einsetzen. Das war ein kleiner Seitenhieb gegen den »Flügel«, mehr allerdings auch nicht. Nachdem Rüdiger Lucassen mit 60 Prozent, für AfD Verhältnisse deutlich, zum alleinigen Sprecher der Partei gewählt wurde, betonte er »keiner Strömung« anzugehören.

Auch bei der Wahl zum ersten Stellvertreter setzte sich ein Kandidat der rhetorisch Gemäßigten durch. Der Dortmunder Matthias Helferich erhielt ebenfalls fast 60 Prozent. Helferich will sich besonders für die flächendeckende Verankerung der Partei einsetzen und die Kommunalwahlen im kommenden Jahr vorbereiten. Wie »gemäßigt« Matthias Helferich ist, darüber kann gestritten werden. Bei der Bundestagswahl 2017 tauchte er mit einer blauen Kornblume im Revers im Dortmunder Rathaus auf. Das Symbol wurde von den österreichischen Nationalsozialisten in der Verbotszeit als Erkennungszeichen genutzt.

Die scheinbare Niederlage des »Flügel« bei der Frage um die Macht in der nordrhein-westfälischen Partei ist in Wahrheit keine. Die Kandidaten, die Höcke und Kalbitz nahe stehen konnten sich nicht durchsetzen. Allerdings ist der Rest der Partei nicht weniger in der extremen Rechten zu verorten. Personen, die sich vor wenigen Jahren noch deutlich von Höcke und Co. abgegrenzt haben, klingen heute wie der Thüringer AfD-Chef. Ob aus Überzeugung oder Angst davor, vom »Flügel« überrollt zu werden, bleibt fraglich. Ob mit »Flügel« oder ohne, die AfD in Nordrhein-Westfalen ist eine extrem rechte Partei.

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