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Linksfraktion wählt Vorstand
Bartsch will wieder Teil der Doppelspitze werden.
Heftige interne Auseinandersetzungen liegen hinter der Linksfraktion im Bundestag. Aufgebrochen waren sie insbesondere nach den Äußerungen der amtierenden Fraktionschefin Sahra Wagenknecht zur Unteilbar-Demonstration in Berlin vor gut einem Jahr, die sich gegen Rassismus, Rechtsruck und Ausgrenzung richtete. Damals hatte sie die diffusen Ziele und die Zusammensetzung des Demobündnisses sowie die Tatsache kritisiert, dass die Verursacher der sozialen Spaltung im Land im Unteilbar-Aufruf nicht benannt worden seien. Dies war von vielen Abgeordneten wie auch in der von Wagenknecht mitbegründeten Sammelbewegung »Aufstehen« als aus bündnispolitischer Sicht verheerendes Signal kritisiert worden. Im März kündigte Wagenknecht dann ihren Rückzug von der Fraktionsspitze und der Führung von »Aufstehen« an. Sie begründete dies mit Überlastung und gesundheitlichen Problemen.
Seither wurde vielfach über den Zeitpunkt der Neuwahl des Fraktionsvorstandes debattiert und über mögliche Kandidaten für die Doppelspitze spekuliert. Lediglich bei Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch galt es als ausgemacht, dass er erneut für das Amt kandidieren wird. Dies bestätigte der 61-Jährige nun am Freitag in einem Fernsehinterview ebenso wie den Termin der Vorstandswahl, auf den sich die Fraktion laut Deutscher Presse-Agentur am Dienstag geeinigt hat. Sie wird am 12. November, stattfinden.
Bartsch sagte »nd« am Freitag zu seinen aktuellen Arbeitsschwerpunkten: »Am 27. Oktober wird in Thüringen gewählt. Darauf, dass Bodo Ramelow Ministerpräsident bleiben kann, lege ich derzeit einen ganz großen Teil meiner Energie.« In der Koalition mit SPD und Grünen habe die LINKE im Freistaat »viel erreicht«. Jetzt gehe es »um jede Stimme, und deshalb bin ich in diesen Tagen, so oft es geht, in Thüringen.« Nach der Wahl könne man dann »über das, was die Fraktion betrifft, in Ruhe sprechen«.
Wer sich als Ko-Fraktionschefin bewerben wird, ist offiziell noch nicht bekannt. Es gilt aber als »offenes Geheimnis, dass alles auf Caren Lay zuläuft«, wie »nd« aus Fraktionskreisen erfuhr. Der 46-Jährigen wird zugetraut, zwischen den Lagern vermitteln und integrieren zu können. Zudem ist die Sprecherin der Fraktion für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik bereits stellvertretende Fraktionschefin, seit zehn Jahren ist sie Bundestagsabgeordnete und war von 2012 bis 2018 stellvertretende Parteichefin. In Neuwied im Norden von Rheinland-Pfalz geboren, trat Lay 2004 im Zuge der Hartz-IV-Proteste der LINKE-Vorgängerpartei PDS bei. Zuvor hatte sie bereits für die sächsische PDS-Fraktion gearbeitet, danach kurzzeitig als Redenschreiberin für die damalige Grünen-Agrarministerin Renate Künast. Von 2004 bis 2009 war sie Abgeordnete des Landtags in Dresden. Ihren Wahlkreis hat sie bis heute in Sachsen. Ihre Büros in Bautzen und Hoyerswerda waren wiederholt Ziel rechter Zerstörungswut. Gegenüber »nd« erklärte Lay, sie werde sich erst nach der Thüringen-Wahl zum Thema äußern.
In den letzten Monaten waren auch andere Genossinnen als mögliche Ko-Fraktionsvorsitzende gehandelt worden, unter ihnen die Expertin in Sachen Neofaschismus und Rechtsterror, Martina Renner, sowie Nicole Gohlke, die hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion. Gohlke sagte »nd«, sie habe bereits vor der parlamentarischen Sommerpause eine Kandidatur ausgeschlossen. Sie wolle sich jedoch gern im Fraktionsvorstand engagieren. Gohlke betonte die Notwendigkeit, das »Verbindende« zwischen verschiedenen Wählermilieus herauszuarbeiten, statt sich auf eine bestimmte Gruppe zu konzentrieren. Die meisten Menschen hätten gemeinsame Interessen wie etwa den Erhalt sozialer Infrastruktur oder Bildungsgerechtigkeit. Sie müssten aber auf unterschiedliche Weise angesprochen werden, so Gohlke. Dies sei bislang offenbar nicht ausreichend gelungen.
Dietmar Bartsch hatte Ende September vorgeschlagen, den Fraktionsvorstand erst im Januar zu wählen und dies mit dem möglichen Ende der Großen Koalition nach dem SPD-Parteitag im Dezember und daraus resultierenden vorgezogenen Wahlen begründet. Zum möglichen GroKo-Aus sagte Bartsch »nd«: »In der Tat wäre es gut, wenn diese handlungsunfähige Koalition durch ein Mitte-Links-Bündnis ersetzt würde.« Damit eine solche Alternative möglich werde, müsse die Fraktion »an der Profilierung der LINKEN arbeiten, sichtbar sein und überzeugende Angebote machen«. Das sei allein wegen der »unsäglichen Türkei-Politik« der Regierung nötig. Deutschland habe das Regime von Recep Tayyip Erdoğan »in den letzten Jahren mit hochgerüstet, und nun rollen auch deutsche Panzer in Syrien«, konstatierte Bartsch. Auf europäischer Ebene verhindere die Bundesregierung ein Waffenembargo gegen die Türkei.
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