SPD: Gespielte Empörung über Mindestlohn-Aussagen von Merz

Jana Frielinghaus über die SPD-Forderungen nach Einhaltung vermeintlicher Zusagen durch die Union

Auch Noch-Sozialminister Hubertus Heil (r) behauptet, im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD gebe es zur Anhebung des Mindestlohns klare Festlegungen.
Auch Noch-Sozialminister Hubertus Heil (r) behauptet, im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD gebe es zur Anhebung des Mindestlohns klare Festlegungen.

Was ist das wieder für ein Theaterdonner? Das fragt man sich angesichts der lautstarken Empörung aus den Reihen der SPD über Äußerungen des Kanzlers in spe zum Mindestlohn. Der CDU-Chef hatte am Wochenende mitgeteilt, es sei nicht ausgemacht, dass die Entgeltuntergrenze schon 2026 auf 15 Euro steige. Nun pochen namhafte Sozialdemokraten feste auf die Einhaltung vermeintlicher Versprechen. Dabei haben sie vor einer knappen Woche dem Koalitionsvertrag mit der Union zugestimmt. Dass sie den nicht kennen, ist auszuschließen.

Und dort ist schwarz auf weiß zu lesen, dass man 15 Euro im nächsten Jahr für »erreichbar« halte. Bereits zuvor wird betont, man halte an einer »starken und unabhängigen Mindestlohnkommission« fest. In der haben nach wie vor die Unternehmerverbände ein großes Wort mitzureden, und dabei wird es bleiben. Insofern ist es eine Binse und kein »Foulspiel«, wenn Merz nun bekräftigt, es werde »keinen gesetzlichen Automatismus geben«.

Die SPD hat der Rückkehr des Zwangsregimes gegen die Ärmsten ohne Not zugestimmt. Sie hat sie sogar bereits in der Ampel-Koalition eingeleitet. Die Ausweitung der Arbeitszeiten trägt sie ebenso mit wie den »Finanzierungsvorbehalt« für alles, was den »hart arbeitenden Menschen« ein Lohnplus oder mehr Netto vom Brutto bescheren würde. Sich jetzt über die von Merz quasi angekündigte Verschiebung der Mindestlohnanhebung und das Infragestellen von Einkommensteuersenkungen für Leute mit mittleren oder geringen Einkommen zu echauffieren, ist an Verlogenheit kaum zu übertreffen. Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit der SPD kann man außerdem davon ausgehen, dass der Koalitionsvertrag bei der Mitgliederabstimmung die erforderliche Mehrheit erhält.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.