Pleitier
Personalie
Thomas Middelhoff gibt sich gerne als geläutert. »Wenn man so gescheitert ist wie ich, kann ich mir gar nicht vorstellen, ohne den Glauben an Gott einen neuen Weg zu nehmen«, sagte der einstige Topmanager jüngst in einem Interview mit der »FAZ« über sich. Gescheitert ist er als jemand, der einst Jacht und Villa besaß und jetzt eigenen Angaben zufolge nur noch mit dem Fahrrad fährt. Dass er tatsächlich recht pleite ist beziehungsweise nichts illegal vor seiner Privatinsolvenz beiseite schaffte, bestätigte am Montag quasi die Staatsanwaltschaft Bielefeld. Sie stellte ihr Ermittlungsverfahren gegen den 66-Jährigen wegen des Verdachts des betrügerischen Bankrotts ein. Konkret ging es um den Vorwurf, Middelhoff habe Millionensummen vor seinen Gläubigern versteckt.
Einst war Middelhoff das Paradebeispiel für ein Alphatier in deutschen Chefetagen. Von 1998 bis 2002 war er Chef des Medienkonzerns Bertelsmann. Nach einem Zwischenspiel in der Londoner Finanzwelt kam der Vater von fünf Kindern zum Karstadt-Quelle-Konzern, den er zu Arcandor umfirmierte. Mit der Pleite des Konzerns 2009, zu dem auch der jüngst insolvent gegangene Reiseanbieter Thomas Cook gehörte, kam auch Middelhoffs Absturz, der zuvor schon mal lieber den Hubschrauber nahm, als im Stau zu stecken. Ende 2014 verurteilte das Landgericht Hessen ihn wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft. Zum Verhängnis wurde ihm dabei, dass er Arcandor für seine privaten Reisen zahlen ließ.
Zwar sagt Middelhoff jetzt von sich, dass er »nicht mehr die wichtigste Person im Raum sein« müsse. So ganz kann man ihm das aber nicht abnehmen. Schließlich setzt sich der Sohn einer katholischen Unternehmerfamilie, der kein Büßergewand trage, weil er als Büßer »nur vor Gott« auftrete, immer noch gerne in Szene. So tingelt er weiterhin durch Talkshows, gibt Interviews und versucht sich jetzt als Buchautor. Sein jüngstes Werk: »Schuldig«. Aber nur vor Gott, versteht sich. Von der Justiz fühlt sich Middelhoff immer noch unfair behandelt.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!