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Klimaleugnung mit Kalkül
Indem die AfD Zweifel an Wissenschaft und Demokratie sät, sollen Umwelt- und Klimapolitik in Misskredit gezogen werden
Alexander Gauland ist ein Populist, wie er im Buche steht. »Der Klimawandel ist politische Panikmache«, jede Politik dagegen »Irrsinn«. Wohin die Reise mit der Rechtsaußen-Partei geht, dafür reicht ein Blick auf die Karriere des AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzenden. Einst war der langjährige CDU-Funktionär persönlicher Berater und engster Vertrauter des ersten bundesdeutschen Umweltministers, Walter Wallmann.
1986 war die Regierung Kohl unter Druck geraten, weil sie keine Antworten auf die Tschernobyl-Katastrophe hatte, auch keine auf die Gefahren der Chemie-Industrie, auf verseuchtes Wasser, das Ozonloch, das Waldsterben, wie überhaupt auf ökologische Notwendigkeiten.
Die hastige Gründung des Umweltministeriums in dem Jahr 1986 sollte Handlungswillen zeigen und den Aufstieg der Grünen stoppen. Gaulands Chef war ein Umweltminister, der Umweltschutz verhindern sollte. Konzerne wie BASF und Bayer, die damals den Rhein mit Schadstoffen vollpumpten, sollten weitermachen dürfen mit ihren schmutzigen Geschäften. Umweltauflagen sollte Wallmann damals abwenden, statt sie einzuführen.
Für den Spiegel sollte Gaulands Chef damals den »Menschen die Angst vor dem Super-GAU ausreden, gleichzeitig aber die Politik auf Atomkurs halten«. Wallmanns Botschaft sei es gewesen, den Bürgern immer wieder klarzumachen, dass es zur Politik stetigen Produktionswachstums keine Alternative gibt. Die unvermeidlichen Umweltschäden werde die konservative Regierung schon ausbügeln.
Dank der Demokratie konnten Kohl, Wallmann und »sein treuer Diener« Gauland der Umweltpolitik nicht auf Dauer ihren Stempel aufdrücken. Heute gehören Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zu den dringendsten Zukunftsthemen der Menschheit. Es geht um nicht weniger als die Rettung des Planeten.
Die Aufgabe von Politik ist die Gestaltung von Zukunft
Wollen wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen für uns und die kommenden Generationen bewahren, wollen wir eine gerechte Welt – und zwar für alle –, dann brauchen wir neue Ideen und neues Handeln: Wie sieht der Wohlstand der Zukunft aus? Wie gute Arbeit? Wie erzeugen wir klimafreundlichen Strom? Wie sieht das Wohnhaus der Zukunft aus? Wie fahren wir in Zukunft in den Urlaub? Wie kommt die Wirtschaft raus aus Öl, Gas und Kohle?
Auf all diese Fragen liefert die AfD keine Antworten. Stattdessen wird der Klimawandel geleugnet, werden Umweltschützer als »Klima-Terroristen« beschimpft sowie der »Klimaterror der 'Grüne Armee Fraktion« als »freiheitsfeindlich« und »demokratieschädigend« gebrandmarkt. Angstmache vor Veränderung, um weiter so zu wirtschaften wie bisher. Nach der Euro-Krise und der Flüchtlingsfrage hat die AfD darum jetzt die ökologische Frage als drittes Ziel zum demagogischen Abschuss freigegeben.
Zum Auftakt dazu startete die AfD-Bundestagsfraktion zuletzt eigens eine Filmreihe, um die Leugnung des menschlichen Einflusses auf das Klima unter die Leute zu bringen. Mit dem Titel des ersten Werks der schwarzen Anti-Öko-Propaganda – »Dieselmord im Ökowahn« – wird jedem klar, was da die nächsten Wochen und Monate an Fake News und Hetze auf uns zukommt. Gauland hat offenbar nicht vergessen, wie stark Umweltfragen polarisieren.
Jeder wirkliche Klimaschützer und jede wirkliche Klimaschützerin ist darum im Grunde links von der AfD zu verorten – an der Seite der Ausgebeuteten dieser Welt, der Frauen, die um Gleichberechtigung kämpfen, der Antifaschistinnen und Antirassisten, die sich gegen autoritäre Regime, Hass und Verfolgung zur Wehr setzen.
Und gegen einen AfD-Klimanationalismus, der die Menschen ohne Hilfe aussperren will. Diese Menschen verlassen ihre Heimat nicht nur wegen der Folgen einer ungerechten Handelspolitik auch Europas, sondern mehr und mehr fliehen sie vor den Folgen der Klimakrise, die gnadenlos zuerst im globalen Süden zuschlägt. Die Partei der Alternativlosen aber will zurück auf die nationale Insel.
Die AfD betreibt das Geschäft des Zweifels
Ihr Rollback macht auch vor der Umweltpolitik nicht halt. Im Bundestag stellten die Rechtspopulisten letzte Woche einen Antrag zur Energie- und Klimapolitik, der tief blicken lässt. Der Forderungskatalog der Blauen läuft auf nicht weniger als eine Totalabwicklung sämtlicher Umwelt- und Klimaziele in Deutschland hinaus. Die Energiewende sei ein historischer Fehler, man müsse unverzüglich zurück zur Atomkraft.
Umweltschutz ist für die AfD »Heimatschutz«, ein alter Nazi-Slogan soll wieder salonfähig gemacht werden. Überall riechen die AfD-ler die große Weltverschwörung gegen Deutschland. Über Migration verfolge die Regierung den »Bevölkerungsaustausch«, hinter der Klimapolitik stehe eine geplante »Deindustrialisierung« des Landes.
So verrückt Derartiges klingt – ständig wiederholt, verfangen diese Lügen bei einem Teil der Bevölkerung. Denn die AfD betreibt das Geschäft des systematischen Streuens von Zweifel am gesellschaftlichen Konsens, sei es an der Wissenschaft, an der Demokratie, an der Politik oder an der Mitmenschlichkeit.
Dabei sind sie keinesfalls durchgeknallte oder unzurechnungsfähige Verschwörungstheoretiker. Hinter dem systematischen Angriff auf Vernunft und gestaltende Politik steht das Kalkül, das Naomi Oreskes und Erik M. Conway in ihrem Buch »Die Machiavellis der Wissenschaft« am Beispiel der Lobbyarbeit in den USA eindrucksvoll beschrieben.
Dort haben Industrielobbys jahrelang ein Trommelfeuer gegen wissenschaftliche Erkenntnisse um die schädlichen Folgen des Tabakrauchens, die Gefahren des sauren Regens oder des Ozonlochs entfacht und Gesetze zum Schutz von Gesundheit und Umwelt verhindert. Heute sitzt mit Donald Trump ein Klimawandel-Leugner und Freund der Erdöl- und Kohleindustrie an den Hebeln der Macht.
Auch der AfD geht es – neben den Wählerstimmen und der Macht – letztlich um das kalkulierte Torpedieren jeder Umwelt- und Klimaschutzpolitik.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf klimareporter.de
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