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  • »Deutsche Wohnen & Co enteignen«

Berliner SPD lehnt Enteignungs-Volksbegehren ab

Landesvorsitzender Michael Müller setzt sich mit Position gegen Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen in geheimer Abstimmung durch

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Um Punkt 15.47 Uhr ist Schluss. Durch einen Geschäftsordnungsantrag wird kurzfristig durchgesetzt, dass die seit mehr als einer Stunde laufende Debatte der Delegierten des Parteitags der Berliner SPD im Hotel Intercontinental in Tiergarten frühzeitig abgebrochen wird – obwohl da noch elf Redner auf der Liste stehen, aber eben alles Männer. Die Abstimmung zur Positionierung der Partei zum Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co« fällt deutlicher aus als erwartet. 137 Delegierte von 238 stimmen in der extra beantragten geheimen Abstimmung gegen eine Unterstützung der Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen«, 97 Delegierte wollen die Initiative unterstützen und mit dieser zur Vergesellschaftung in den Dialog treten. Vier Delegierte enthielten sich. Die Position der Berliner SPD ist nun: »Die Vergesellschaftung der Bestände von großen Wohnungsunternehmen in Berlin halten wir deshalb gegenwärtig nicht für zielführend.«

Damit hat sich am Ende der Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit seiner Position auf dem Parteitag durchgesetzt. Müller hatte sich am Samstag mehrfach in die Debatte eingeschaltet. »Ich will über dieses Enteignungs-Thema mit Herrn Taheri keinen Klassenkampf führen«, sagt Müller in seiner Rede am Mittag. Rouzbeh Taheri ist eine der Vertrauenspersonen der Initiative, die eine Vergesellschaftung aller privaten Wohnungsunternehmen fordert, die jeweils mehr als 3000 Wohnungen in Berlin besitzt. Später, als in der Aussprache zu dem Thema deutlich wird, dass die Abstimmung knapp ausgehen könnte, legt Müller noch mal mit einer quasi Drohung nach: »Wenn wir das jetzt beschließen, wir sind für eine Vergesellschaftungsperspektive, wird das die Diskussion beherrschen.« Das wäre ein klarer Handlungsauftrag an Fraktion, ein Gesetz zu machen, so Müller.

Lehrer sollen verbeamtet werden

Wenn es nach der Berliner SPD geht, sollen Lehrkräfte in Berlin zukünftig wieder verbeamtet werden, um sie in der Metropole zu halten. Mit 122 Ja- und 100 Nein-Stimmen gibt es am Samstag beim Landesparteitag der Sozialdemokraten ein knappes Votum dafür, dass die SPD-Mitglieder im Senat und im Abgeordnetenhaus dazu aufgefordert werden, eine Verbeamtung der Lehrkräfte zu ermöglichen. »Natürlich werde ich jetzt mit den Koalitionspartnern in Gespräche gehen - im Interesse der Schülerinnen und Schüler«, sagt SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Rande des Parteitags zu »nd«. Saleh ist einer von zahlreichen Befürwortern auf der Parteiversammlung, der sich vehement für die Wiedereinführung der Verbeamtung von Lehrkräften einsetzt, die es in Berlin anders als in den anderen Bundesländern seit 15 Jahren nicht mehr gibt. Auch Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht in der Verbeamtung einen »wichtigen Baustein« für die Schulpolitik. Der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise, glaubt indes nicht an eine rasche Rückkehr zur Verbeamtung von Lehrern. Zur Begründung verwies er auf die ablehnende Haltung der Koalitionspartner der Sozialdemokraten, Linkspartei und Grüne. »Während die Koalition etwa beim Mietendeckel einen Kompromiss gefunden hat, weiß ich nicht, wo der bei der Lehrerverbeamtung liegen soll«, sagt Heise der Deutschen Presse-Agentur. mkr

In seiner Argumentation hat der Landesvorsitzende gewichtige Unterstützer. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) beispielsweise lehnt Enteignungssignale aus Berlin deshalb ab, weil es Investoren abschrecken würde. »Man kann mit den Beträgen, die im Raum stehen, über 100.000 neue Wohnungen bauen«, so Giffey. Auch Finanzsenator Matthias Kollatz plädiert in der Diskussion dafür, langfristig den kommunalen Wohnungsbestand zu erweitern – ohne zu enteignen.

Es gibt aber auch zahlreiche Befürworter der Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen. Viele Rednerinnen und Redner erinnern daran, dass der Artikel 15 im Grundgesetz, der Vergesellschaftungen gegen Entschädigung ermöglicht, einst von Sozialdemokraten ins Grundgesetz geschrieben wurde. Mit Verve setzt sich die SPD-Abgeordnete Maja Lasić für eine Richtungsentscheidung ein, ob Berlin Richtung Wien geht oder Richtung Paris und London. »Bauen, Kaufen, Deckeln greift die Frage der Regulierung nicht auf«, sagt Maja Lasić. »Lasst uns Geschichte schreiben!«, appelliert sie an die Delegierten.

Dass es am Ende bei der Abstimmung anders kommt, lässt nicht nur den SPD-Landesvorsitzenden aufatmen. »Wir sind zum Glück noch mal verbindlich und seriös geblieben«, sagt ein Parlamentarier aus dem Abgeordnetenhaus, der sich nicht vorstellen will, wie die Fraktion auf die Initiative hätte zugehen sollen.

So weit wäre der Weg zu den Aktivisten allerdings nicht gewesen. Bereits am Morgen demonstrieren nämlich Vertreter der Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen« direkt auf der anderen Straßenseite vor dem Hotel Intercontinental. »Wir wollen nicht, dass Geisel über das Volksbegehren entscheidet, sondern die Berlinerinnen und Berliner«, sagt Michael Prütz, eine der Vertrauenspersonen der Initiative. Gefordert wird, dass Innensenator Andreas Geisel (SPD) die laufende rechtliche Prüfung des Volksbegehrens endlich abschließt. Da ist noch unklar, wie der Tag ausgehen wird.

Die Initiative kündigt zudem die Veröffentlichung einer Meinungsumfrage an: Demnach soll die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner für das Volksbegehren sein. Unter den Anhängern der SPD soll die Zustimmung sogar 60 Prozent betragen.

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