Und so beginnt es

LINKE, SPD und Grüne haben am Mittwoch erste Gespräche aufgenommen

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 4 Min.

Es ist 9.37 Uhr, als an diesem Mittwochmorgen Gelächter aus dem Raum recht hoch über Erfurt dringt, in dem sich Spitzenvertreter von LINKEN, SPD und Grünen das erste Mal nach der Landtagswahl in größerer Runde zusammengesetzt haben. Worüber genau sich die Anwesenden amüsieren, lässt sich nicht ausmachen. Aber es ist so oder so ein Zeichen dafür, dass die Stimmung bei den Gesprächen tatsächlich nicht allzu schlecht gewesen sein kann – trotz der miserablen Ergebnisse, die Sozialdemokraten und Grüne bei den Wahlen erzielt haben und die maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen ihre parlamentarische Mehrheit verloren hat.

Als wenige Minuten später die Türen des Saals, der einem Hotel in der Landeshauptstadt gehört, aufgehen, sehen die, die ihn verlassen entsprechend unzerknirscht aus. Man scherzt und sucht sich einen hübschen Platz für ein kurzes Statement vor den Kameras und Mikrofonen. Im Gang wollen das Susanne Hennig-Wellsow (LINKE), Wolfgang Tiefensee (SPD) und Anja Siegesmund (Grüne) lieber nicht machen. Es soll nicht bedrückt und eng und dunkel wirken. Eher nach Aufbruch aussehen. Was natürlich auch zum Spiel dazu gehört: Optimismus verbreiten. Wenngleich noch immer ziemlich unklar ist, ob es dazu Anlass gibt.

Also sagen die LINKE-Landesvorsitzende, der erste Sozialdemokrat Thüringens und die Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl dann auch das, was erwartbar ist. Die Delegationen hätten »sehr positiv« und »sehr hoffnungsvoll« miteinander gesprochen, erklärt Hennig Wellsow. Es sei der erklärte Wille aller drei Parteien, dass Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow auch in der nächsten Legislaturperiode die Regierung des Freistaats führen solle. Und weil es für eine eigene Mehrheit von Rot-Rot-Grün nicht mehr reicht, hätten die drei Parteien nun die Tür für »CDU und FDP« geöffnet, das alte und wohl auch neue Bündnis zu unterstützen. Dass Hennig-Wellsow sowohl die Liberalen als auch die Christdemokraten in diesem Zusammenhang erwähnt ist bemerkenswert.

Denn nachdem auch Tiefensee gesagt hat, seine Sozialdemokraten läsen das Wahlergebnis so, dass es der Wählerwille sei, dass Ramelow Ministerpräsident bleiben solle, redet er vor allem über eine mögliche Unterstützung des Bündnisses durch die CDU. Er sei »dankbar« für »Signale« aus der Union, die geöffnete Tür auch zu nutzen, sagt er. Siegesmund, die als Dritte spricht, erklärt dann wiederum, vor allem die FDP sei nun in er Pflicht sich zu überlegen, ob sie Rot-Rot-Grün nicht unterstützen wolle.

Alles in allem verläuft dieses erste Treffen von Rot-Rot-Grün – eine Art erste Sondierungsrunde – also ziemlich genau so wie man es absehen konnte nach diesem Wahlsonntag; womit allerdings auch weiterhin ziemlich unklar bleibt, wie eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung beziehungsweise -koalition wirklich arbeiten will.

Denn zwar kann Rot-Rot-Grün mit der relativen Mehrheit seiner Stimmen im Landtag Ramelow nach der Konstituierung des neuen Parlaments zum Ministerpräsidenten wählen. In einem dritten Wahlgang braucht ein Ministerpräsidentenkandidat in Thüringen laut Landesverfassung, Artikel 70 keine absolute Mehrheit der Abgeordnetenstimmen mehr, sondern nur noch »die meisten Stimmen«.

Doch nicht nur für die Verabschiedung von Gesetzen wäre eine solche Minderheitsregierung bekanntlich auf die Zustimmung anderer Fraktionen angewiesen. Und genau in den Minuten, in denen die Rot-Rot-Grünen über ihre Gesprächsergebnisse reden, verschickt die Thüringer FDP eine Pressemitteilung, in der deren Landesvorsitzende Thomas L. Kemmerich mit den Worten zitiert wird: »Die Thüringer FDP wird ihr Wahlversprechen halten: Es wird keine – wie auch immer geartete – Unterstützung einer rot-rot-grünen Landesregierung im Thüringer Landtag geben.«

Stattdessen wollten die Liberalen selbst mit parlamentarischen Initiativen Vorschläge zum Beispiel dazu machen, wie der Unterrichtsausfall in Thüringen gemildert werden könnte, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Subtext: Denen kann Rot-Rot-Grün ja dann zustimmen. Was die Idee einer Minderheitsregierung aus LINKEN, SPD und Grünen freilich ins Gegenteil, ja ins Absurde verkehren würde.

Eine weitere Gesprächsrunde von LINKEN, SPD und Grünen ist für die nächste Woche geplant.

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