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Endzeitstimmen
Uwe Kalbe über die Rufe nach einer starken, visionären Kanzlerin
Ob die CDU kein Führungsproblem habe und die Große Koalition nicht ein noch viel größeres. Wieso wird diese Frage diskutiert, als gäbe es keine wichtigere? Weil ein abgewirtschafteter CDU-Politiker, der beim Sprung an die Parteispitze im letzten Jahr auf die Nase fiel, seinen Groll offenbar nicht anders verarbeiten kann. Und weil er recht hat. Der Anklang, den Friedrich Merz mit seinem gegen allen politischen Anstand verstoßenden Kläffen aus sicherer Distanz fand, hat nicht nur mit dem Reiz der Provokation zu tun, dem die Medienwelt nicht widerstehen kann. Sondern auch damit, dass die Sicherheiten der parlamentarischen Demokratie zerrinnen und dass die Große Koalition eine Bühne ist, auf der dies zu besichtigen ist.
Ob Angela Merkel sich hierbei unangemessen defensiv verhält, statt Visionen zu verkünden und »Führung« zu demonstrieren, ist dabei zweitrangig. Jedes Wort mit einem Restgehalt an Vision würde ihr flugs zur Einmischung in das Wirken der CDU-Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer gedeutet und zerpflückt. In Wahrheit sind es Ängste und Sorgen - nicht der Wähler, sondern der politischen Klasse -, die nun im Ruf nach starker Führung münden. Politische Gewissheiten schwinden mit jeder Wahl wie in Thüringen und mit jedem neuen Deal über eigentlich unvereinbare Positionen, den die Koalitionspartner aushandeln wie jetzt die Grundrente. Beiden Parteien einen Gesichtsverlust zu ersparen, ist der Maßstab - statt die Not der Rentner. So werden Stimmen wie die von Merz unverdient zu Vorboten eines Zeitenwandels.
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