Jusos wollen über Sanktionen abstimmen

SPD-Nachwuchs fordert die komplette Streichung der Strafen für Hartz-IV-Betroffene

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Jusos wollen beim SPD-Bundesparteitag Mitte Dezember in Berlin einen Antrag einreichen, der die komplette Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen vorsieht. Das kündigte der Vorsitzende der Jungsozialisten, Kevin Kühnert, im Gespräch mit der »Rheinischen Post« an. Gegenüber den Erwerbslosen sollten Förderung, Ermutigung und der Rechtsanspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung in den Mittelpunkt gestellt werden, sagte Kühnert.

Die Debatte über die sogenannten Hartz-Reformen, die sie einst selbst als Regierungspartei eingeführt hatten, wird in der SPD auch vor dem Hintergrund des jüngsten Bundesverfassungsgerichtsurteils geführt. Die Karlsruher Richter hatten die Hartz-IV-Sanktionsregelungen am Dienstag teilweise für verfassungswidrig erklärt. Wenn Pflichten verletzt werden, dürfen die Leistungen höchstens um 30 Prozent gekürzt werden, entschieden die Richter. Grundsätzlich können Sanktionen weiter verhängt werden, bislang mögliche Kürzungen von 60 Prozent oder der komplette Wegfall der Leistungen sind aber mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Die SPD trifft in naher Zukunft nicht nur wichtige inhaltliche, sondern auch personelle Entscheidungen. Die Parteitagsdelegierten wählen ein neues Vorsitzendenduo. Vorher werden die Mitglieder hierzu befragt. Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, der mit der Brandenburgerin Klara Geywitz in die Stichwahl eingezogen ist, hatte sich in jüngster Vergangenheit zwar offen für Änderungen bei Hartz IV gezeigt, eine komplette Abschaffung der Sanktionen aber abgelehnt. In der Großen Koalition mit der Union ist dies ohnehin nicht durchsetzbar.

Die Jusos unterstützen den früheren nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, die ebenfalls Parteivorsitzende werden wollen. Esken schrieb auf Twitter zur Entscheidung in Karlsruhe: »Das Urteil bestätigt mich in meiner Auffassung, dass Sanktionen falsch sind.«

Die Linksfraktion im Bundestag fordert derweil unter anderem Verbesserungen für Erwerbslose mit einem neuen »Arbeitslosengeld Plus«. Die Leistung soll nach Bezug des Arbeitslosengelds fließen. Anders als bei Hartz IV würden die Betroffenen mit dem »Arbeitslosengeld Plus« zunächst weiter eine am Lohn orientierte Leistung erhalten. Die Höhe solle bei 58 Prozent des vorigen Lohns liegen. Ein Inflationsausgleich soll dafür sorgen, dass mit einem längeren Bezug keine Absenkung des Lebensstandards einhergeht.

Wer viele Jahre als Erwerbstätiger Beiträge eingezahlt hat, soll auch länger abgesichert sein. Wer beispielsweise 15 Jahre beschäftigt war, erwirbt nach dem Modell der Linksfraktion einen Anspruch auf 25 Monate Arbeitslosengeld I und 25 Monate »Arbeitslosengeld Plus«. »Soziale Sicherheit im Fall von Arbeitslosigkeit ist kein staatliches Almosen, sondern ein erworbener Anspruch in der Sozialversicherung«, sagte Linksfraktionsvize Susanne Ferschl.

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