- Politik
- Proteste
Chilenische Regierung erhöht Mindestlohn
Nach anhaltenden Protesten hat der Präsident Sebastián Piñera eine Anhebung um ein Sechstel versprochen
Santiago. Nach dem Druck der wochenlangen Proteste hat der chilenische Präsident Sebastián Piñera eine Erhöhung des staatlichen Mindestlohnes um ein Sechstel angekündigt. Laut einer Gesetzesvorlage soll der Mindestlohn auf 350.000 Pesos (rund 467 Dollar, rund 430 Euro) steigen, wie die Tageszeitung »La Nación« am Mittwochabend (Ortszeit) meldete. Wer weniger in einem Vollzeitjob verdient, soll einen staatlichen Zuschuss erhalten. Rund 540.000 Menschen würden profitieren, sagte Piñera. Die Erhöhung des staatlichen Mindestlohns ist Teil eines Reformpaketes, das der Präsident als Reaktion auf die sozialen Proteste angekündigt hat.
Seit mehr als zwei Wochen gehen in Chile Menschen auf die Straße. Immer wieder kam es zu schweren Ausschreitungen, bei denen nach offiziellen Angaben 20 Menschen getötet wurden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren eine ausufernde Polizeigewalt gegen die Demonstranten. Piñera sagte, die chilenische Regierung werde nichts verschleiern und eine »totale Transparenz« herstellen. Jeder Anzeige wegen Polizeigewalt werde mit der gleichen Härte nachgegangen wie Anzeigen aufgrund von Plünderungen, Vandalismus und Gewalt von Demonstranten. Nach Angaben der Polizei wurden seit Beginn der Proteste landesweit mehr als 10.000 Menschen festgenommen.
Lesen Sie hier: Für einen Neuanfang in Chile. Friederike Winterstein begrüßt, dass das neoliberale System in Frage gestellt wird.
Das Nationale Institut für Menschenrechte (Indh) hat bereits 181 Verfahren gegen Sicherheitskräfte wegen Totschlags, Folter und sexualisierter Gewalt eingeleitet. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet hat ein Expertenteam nach Chile entsandt, um Vorwürfen von Polizeigewalt nachzugehen. Die Gutachter werden bis zum 22. November Augenzeugenberichte einholen.
Ursprünglich hatten sich die Proteste an einer Erhöhung der Fahrpreise für die Metro in Santiago entzündet, die aber inzwischen zurückgenommen wurde. Der Unmut der Bevölkerung wegen der steigenden Lebenshaltungskosten schwelt aber schon lange. Die Demonstranten fordern insbesondere eine Renten- und Verfassungsreform sowie Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungswesen. epd/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!