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Im Zweifel für das größere Übel
Simon Poelchau über Aussagen aus der deutschen Wirtschaft, dass Brexit-Johnson gegenüber Jeremy Corbyn das »kleinere Übel« sei
Es verging in den letzten Monaten gefühlt keine Woche, in der Wirtschaftslobbyisten nicht vor den Auswirkungen eines Brexit warnten. Im Februar etwa vermeldete die DIHK, dass nur noch jede fünfte Firma über gute Geschäfte im Vereinigten Königreich berichte. Nur gibt es etwas, das die Wirtschaftslobby noch mehr fürchtet als Nationalisten an der Macht - nämlich, wenn jemand versucht, das neoliberale Rad der Geschichte zurückzudrehen.
So warnte der Chef der deutsch-britischen Handelskammer jetzt vor einem Wahlsieg von Labour-Chef Jeremy Corbyn, Johnson sei da das kleinere Übel. Als ob Corbyn bei einem Wahlsieg mit Steuererhöhungen und der Wiederverstaatlichung von Bahn & Co. gleich den Sozialismus ausrufen würde. Er würde den Kapitalismus lediglich etwas erträglicher machen. Auch das Argument der Handelskammer, dadurch würde die Wirtschaftskraft geschwächt, weil Anreize wegfielen, ist genauso falsch wie durchschaubar. Welcher Angestellte hat etwa weniger Anreiz zu arbeiten, wenn sein Chef höher besteuert wird?
Stattdessen geht es der Wirtschaft darum, möglichst ungestört akkumulieren und ausbeuten zu können. Da entscheidet sie sich im Zweifel auch für das gesellschaftlich größere Übel, statt progressive Veränderungen zuzulassen. Gerade die deutsche Geschichte beweist es.
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