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Maritime Mauern
Matthias Monroy beschreibt, wie Rüstungskonzerne mit Hochtechnologie vom Ausbau der Festung Europa profitieren
Gleich mehrere Agenturen sind in der Europäischen Union für Meeresgebiete der Mitgliedstaaten zuständig. Zu den Aufgaben der Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) gehört die Kontrolle des Schiffsverkehrs, die Grenzagentur Frontex koordiniert die Überwachung der Seegrenzen. Beide setzen moderne digitale Technologien ein; in einem Abkommen haben die Agenturen ihre Fähigkeiten inzwischen zusammengelegt. Davon profitiert als dritter Partner die EU-Fischereiaufsichtsagentur.
Frontex ist auf die Satellitenaufklärung spezialisiert und nutzt dafür das Grenzüberwachungssystem EUROSUR. Damit will die Agentur beispielsweise irreguläre Flüchtlingscamps in Marokko oder verdächtige Schiffsbewegungen erkennen. Die Bilder stammen aus einem EU-Programm zur Beobachtung von Umwelt- und Sicherheitsbelangen. In Pilotprojekten hat Frontex militärische Aufklärungsdrohnen im Mittelmeer getestet, darunter die »Heron 1«, die auch von der Bundeswehr in Mali und Afghanistan eingesetzt wird. Derzeit fliegt Frontex keine eigenen Drohnen, allerdings bietet die EMSA seit 2017 entsprechende Dienste für europäische Staaten an. Zum Einsatz kommt unter anderem eine israelische Langstreckendrohne, die der Hersteller für das Militär entwickelt hat. Zuerst hat die isländische Regierung von dem Angebot Gebrauch gemacht. Mittlerweile nutzt die EMSA auch unbemannte Hubschrauber von Rüstungskonzernen aus Österreich und Schweden; sie fliegen unter anderem vor Kroatien und in der Ostsee.
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Ähnliche Forschungen finanziert die EU-Kommission im Projekt ROBORDER. Innen- und Verteidigungsministerien mehrerer Länder testen dort bemannte und unbemannte Plattformen für die Grenzüberwachung. Ungarn interessiert sich für die Sicherung der Landgrenzen mit einer Landdrohne, in Griechenland kommen eine Flugdrohne mittlerer Größe und ein Flugzeug zum Einsatz. Portugal nutzt eine Überwasser- sowie eine Unterwasserdrohne im Atlantik. Alle Plattformen sollen möglichst eigenständig und in Schwärmen operieren.
Nachdem immer mehr Geflüchtete im letzten Jahr den Ärmelkanal mit kleinen Booten überquerten, rüsten die Behörden auf beiden Seiten ihre Überwachungstechnik auf. Eine Anlage nahe der Hafenstadt Calais stammt von der Firma Signalis, einem Zusammenschluss der Rüstungskonzerne Airbus und ATLAS Elektronik, die auf die Überwachung maritimer Grenzen spezialisiert ist. Im Rahmen eines Abkommens finanziert Großbritannien den französischen Behörden die Anschaffung von Drohnen, Radargeräten und verbesserter Videoüberwachung.
Europäische Rüstungskonzerne profitieren auch außerhalb Europas von der auf Abschottung ausgelegten Migrationspolitik. Airbus hatte seine Grenzüberwachungstechnik vor einigen Jahren als besonders geeignet gegen eine »Welle illegaler Einwanderer« beworben. Das deutsche Verteidigungsministerium hat die Geräte anschließend an Tunesien verschenkt, um damit die Grenzsicherung zum Schutz vor »terroristischen und anderen grenzüberschreitenden Bedrohungen« zu verbessern.
In der jüngst erschienenen Studie »Building Walls« des niederländischen Transnational Institute errechnen die Autoren, dass die EU-Mitgliedstaaten mindestens 900 Millionen Euro für Zäune und Sperranlagen ausgegeben haben. Hinzu kommen fast 700 Millionen für »maritime Mauern« zur Überwachung der Seeaußengrenzen. Mit rund einer Milliarde verschlingen jedoch die »virtuellen Grenzen« die meisten Gelder. Gemeint sind Datenbanken, mit denen die Europäische Union Geflüchteten und Migranten den Weg nach Europa erschwert.
Der Autor ist Experte für Sicherheitsfragen und Mitarbeiter des LINKE-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko. Er gehört zu den Referenten der Digitalkonferenz der Linkspartei am 7. Dezember.
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