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Intervention bei Türkei-Konferenz

Aktivistinnen von »Women Defend Rojava« bringen die kurdische Frage aufs Programm

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

»Kann man über Rechte und Gleichberechtigung in der Türkei diskutieren, ohne über den laufenden Krieg zu sprechen?«, fragt Karolina Caicedo. Die feministische Aktivistin der Kampagne »Women Defend Rojava« (Frauen verteidigen Rojava) richtet ihre Frage an die Teilnehmer*innen der Konferenz »Rights and Equality in Contemporary Turkey« (Rechte und Gleichberechtigung in der heutigen Türkei»), die am Donnerstag in der Humboldt-Universität (HU) stattfand.

Hintergrund der Intervention der Aktivistinnen ist, dass kein einziges Panel der Konferenz mit im Exil lebenden türkischen Wissenschaftler*innen die kurdische Bevölkerung in der Türkei, die kurdische Frauenbewegung oder den türkischen Angriffskrieg gegen das kurdische Autonomiegebiet Rojava im Nordosten Syriens behandelt. «Women Defend Rojava» will diese Themen in den akademischen Diskurs einbringen. Nach einem Gespräch mit den Veranstalter*innen dürfen sie im Eingangsbereich dann einen Info-Tisch zur kurdischen Frauenbewegung aufbauen.

Die Feministinnen werden außerdem eingeladen, beim Panel zu Frauen- und Geschlechterstudien mitzudiskutieren. Dieses Angebot lehnen sie allerdings ab. Stattdessen treten sie am Ende der ersten Diskussionsrunde mit Mikrofon und Transparent nach vorne, um ihre Kritik vorzutragen. Caicedo freut sich über die Einladung der Veranstalter*innen, hält sie jedoch für zu spät: «Es hätten schon im Vorfeld Vertreterinnen der kurdischen Frauen*bewegung eingeladen und in die Vorbereitung einbezogen werden müssen.»

Ertuğ Tombuş, akademischer Koordinator des Projekts «Blickwechsel», das die Konferenz organisiert hat, begrüßt die Intervention der Aktivistinnen. «Ich freue mich wirklich, dass ihr hier seid», sagt er im Gespräch. Zur Frage, warum es in der Konferenz kein Panel zu kurdischen Themen gibt, erklärt der Wissenschaftler: «In den Panels werden die Ergebnisse aus den Forschungsgruppen vorgestellt und diskutiert. Zum Themenkomplex um die kurdische Bevölkerung und den Krieg in Nordostsyrien wurde jedoch keine Forschungsgruppe gebildet.»

Tombuş erklärt sich auch politisch mit dem Anliegen der Aktivistinnen solidarisch. Wie viele andere Wissenschaftler*innen des Forschungsprojekts habe auch er die Friedenspetition türkischer Wissenschaftler*innen gegen den türkischen Angriffskrieg unterzeichnet. «Viele von uns haben deswegen ihren Job verloren und können nicht mehr in die Türkei zurückkehren», erzählt er. Das türkische Regime verfolge Wissenschaftler*innen, die sich offen gegen das Regime äußern. «Uns ist daher wichtig, dass wir im Projekt nicht mit Universitäten zusammenarbeiten, die kritische Wissenschaftler*innen unterdrücken und kündigen», stellt Tombuş klar.

Auch Yağmur von «Women Defend Rojava» fürchtet sich vor dem langen Arm des türkischen Repressionsapparates. Ihren Klarnamen möchte sie nicht nennen, zu groß ist die Angst, auf dem Radar der türkischen Regierung zu landen. «Ich komme selbst aus der Türkei. Die Regierung hat es auf alle abgesehen, die sich gegen das Regime und den Krieg in Nordostsyrien aussprechen», sagt Yağmur. Dass durch das Forschungsprojekt «Blickwechsel» Möglichkeiten dafür geschaffen werden, dass in der Türkei unterdrückte und verfolgte Akademiker*innen in Deutschland arbeiten können, findet sie daher sehr begrüßenswert.

Trotzdem ist das Forschungsprojekt in ihren Augen nicht unproblematisch: «Kurdische Aktivist*innen aus der Türkei bekommen nicht dieselben Ressourcen zur Verfügung gestellt und werden in Deutschland kriminalisiert», kritisiert Yağmur. Durch die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung in der Türkei sei es für diese besonders schwierig, akademische Posten zu bekommen. «Diese Ungleichheit wird in dieser Konferenz reproduziert, wenn die kurdische Bewegung nicht zu Wort kommt.»

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