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  • Antidiskriminierungsgesetz

Berlin will staatliche Diskriminierung bekämpfen

Neues Gesetz soll Gleichbehandlung auch in Ämtern und Behörden sicherstellen / Kritik kommt von der Polizei

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wer selbst keine Diskriminierung erlebt, wird vielleicht nicht verstehen, wie notwendig dieses Gesetz ist«, sagt Vera Egenberger vom Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung am späten Mittwochnachmittag bei der Anhörung im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. Egenberger spricht vom Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), mit dem Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) Diskriminierung in Ämtern und Behörden bekämpfen will. Als erstes Bundesland will Berlin damit Betroffenen die Möglichkeit geben, rechtlich gegen Ungleichbehandlung in Schulen, der Verwaltung oder der Polizei vorzugehen.

Bisher beschränkt sich der Schutz vor Diskriminierung auf den Arbeitsplatz und das private Umfeld. Dafür wurde vor 13 Jahren das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verabschiedet. Der rot-rot-grüne Senat und Beratungsstellen sehen hier weiteren Handlungsbedarf. »Wir wissen aus unserer Beratungspraxis, dass Diskriminierung jeden Lebensbereich treffen kann, auch staatliches Handeln«, sagt Eva Andrades vom Antidiskriminierungsverband Deutschland. »Wir können nicht alle Menschen vor Diskriminierung schützen, aber wir geben ihnen Schadensersatz und Entschädigungsansprüche zur Hand«, verteidigt Behrendt seinen Gesetzentwurf.

Im Juni war das LADG vom Senat beschlossen worden, nach einer ersten Lesung im Abgeordnetenhaus wurde es in den Rechtsausschuss zur Beratung überwiesen. Dort gab es am Mittwoch viel Lob - aber auch Kritik. Für die Befürworter*innen schließt das LADG eine wichtige Schutzlücke. Insbesondere die Beweislasterleichterung für Betroffene, die Möglichkeit eines Verbandsklagerechts sowie die geplante Ombudsstelle zur gütlichen Einigung werden positiv hervorgehoben. Kritik kommt hingegen vor allem von der Polizei.

So befürchten die Deutsche Polizeigewerkschaft und die Personalvertretung »Unabhängige in der Polizei«, dass Polizist*innen mit dem Gesetz »unter Generalverdacht« gestellt würden. Auch werde die Polizeiarbeit dadurch unnötig erschwert. Wahlweise wird von den Berufsverbänden das Schreckensszenario einer »Klagewelle« an die Wand gemalt, oder dem LADG aufgrund mangelnder Fallzahlen seine Existenzberechtigung abgesprochen. Auch die Opposition aus CDU, FDP und AfD sieht für das Gesetz keine praktische Notwendigkeit und spricht von einem »Bürokratiemonster«.

»Viele Menschen haben keine Vorstellung davon, wie präsent Diskriminierung im Alltag ist«, sagt Kerstin Kühn. Die Juristin arbeitet seit sechs Jahren in der unabhängigen Beratungsstelle vom Türkischen Bund Berlin Brandenburg. Aus ihrer Arbeit weiß sie, wie wichtig es ist, gegen strukturelle Diskriminierung durch staatliche Behörden vorzugehen. »Knapp ein Drittel unserer Fälle stammen aus dem Bereich der öffentlichen Institutionen«, berichtet sie dem »nd«. Von Bürgerämtern, Polizei, Ausländerbehörden, Schulen, Universitäten über Jugendämter bis zu den Bäderbetrieben oder den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) sei alles dabei.

»Wir haben immer wieder Fälle von Racial Profiling, sowohl bei der Polizei als auch bei der BVG«, sagt Kühn. Auch komme es häufig vor, dass Polizist*innen, die wegen eines Konflikts gerufen werden, zuerst nicht-weiße Beteiligte kontrollieren und verhören - selbst wenn diese es waren, die die Polizei gerufen haben. Auch in Schulen gehöre Diskriminierung für viele Schüler*innen oder deren Eltern zum Alltag. Diese gehe sowohl von den Lehrkräften als auch von Mitschüler*innen oder auch von der Schulleitung aus. »Da wird dann beispielsweise ein Kopfbedeckungsverbot ausgesprochen, um das Tragen von Kopftüchern zu verbieten.«

Mit dem LADG könnten Betroffene gegen solche Diskriminierungen vorgehen. Am Mittwochabend wurde die Beratung nach zweieinhalb Stunden zunächst vertagt. Anfang 2020 soll das Gesetz in Kraft treten.

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