»Task Force« Steuerbetrug

Finaniminister Olaf Scholz richtet Spezialeinheit gegen Steuerbetrug ein / Zuspruch von LINKEN, Grünen und Steuergewerkschaft

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Berlin. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant einem Medienbericht zufolge die Einrichtung einer Spezialeinheit gegen großangelegten Steuerbetrug wie im Fall der sogenannten Cum-Ex-Geschäfte. Die »Task Force« solle beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet werden, berichtete die »Welt am Sonntag« unter Berufung auf Regierungskreise. FDP und LINKE sowie die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßten den Vorstoß.

Ziel sei es, Verdachtsfälle zu sammeln und zu analysieren und die Informationen in einer Hand zu bündeln und auszuwerten, schrieb die »WamS« weiter. Landesbehörden, die Finanzaufsicht Bafin sowie ausländische Ermittlungsbehörden sollten bei ihr Ansprechpartner finden. Die jährlichen Kosten der »Task Force gegen Steuergestaltungsmodelle am Kapitalmarkt« werden demnach mit etwa 21 Millionen Euro veranschlagt, die im Bundeshaushalt 2020 bereits enthalten seien.

Neben 43 Stellen beim Bundeszentralamt für Steuern sollen den Angaben zufolge fünf weitere im Bundesfinanzministerium selbst entstehen. Scholz wolle die neue Einheit dem Vernehmen nach am Montag den Chefs der Steuerabteilungen bei Bund und Ländern vorstellen, hieß es in dem Bericht.

FDP-Fraktionsvize Christian Dürr unterstützte den Vorschlag von Scholz. Dieser komme aber »viel zu spät«, sagte Dürr der Nachrichtenagentur AFP. Es seien Finanzminister von Union und SPD gewesen, »die mit dem Fall Cum-Ex den größten legalen Steuerbetrug Deutschlands zugelassen haben«. Bei der Umsetzung seiner Idee müsse Scholz darauf achten, dass diese Einheit »wesentlich schlagkräftiger agieren kann als die Einheit gegen Geldwäsche«, forderte Dürr. Dort habe der Minister bisher »leider versagt«.

LINKEN-Fraktionsvize Fabio De Masi äußerte ebenfalls Zustimmung. Es sei gut, wenn beim Finanzministerium etwa auffällige Handelsmuster rund um Dividendenstichtage analysiert würden. Bisher habe Scholz »entweder behauptet, eine solche Task Force existiere bereits, oder eine Analyse von Handelsmustern helfe beim Kampf gegen Cum-Ex-ähnliche Modelle nicht«. Der Wettbewerb um den SPD-Vorsitz führe »zu neuen Einsichten«, erklärte De Masi.

Kritisch äußert sich die finazpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus: »Der Vorschlag von Olaf Scholz kommt spät und greift kurz.« Nötig sei eine Task Force, die »auch ein Mandat für die Steuerprüfung von Konzernen und Einkommensmillionären bekommt«.

Steuergewerkschaft begrüßt Pläne

Die Deutsche Steuergewerkschaft erklärte, die geplante Steuereinheit sei notwendig. Damit könne die geplante »Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle« rasch mit Leben erfüllt werden, sagte Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler dem »Handelsblatt«. Es gehe darum, »findigen Steuerakrobaten früher als bisher ins Handwerk zu pfuschen«. Die Steuerverwaltung brauche »viel früher als bisher Informationen über Handlungsmuster, über Modelle und deren Erfinder«.

Zugleich warnte Eigenthaler, es dürfe keine »Bundessteuerverwaltung durch die Hintertüre« entstehen. Der Bund dürfe Informationen sammeln, auswerten, informieren, »aber er darf die betroffenen Steuerfälle nicht an sich ziehen«, sagte der Gewerkschaftschef dem »Handelsblatt«. »Der konkrete Steuerbescheid ist und bleibt Ländersache.«

Mit dem Hin- und Herschieben von Aktien mit (»cum«) und ohne (»ex«) Dividendenanspruch hatten Investoren viel Geld zu Lasten der Staatskasse eingestrichen. Anleger ließen sich eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. »Cum-Ex« gilt als größter Steuerskandal der deutschen Geschichte. Europaweit soll sich der Schaden aus steuergetriebenen Aktiengeschäfte wie »Cum-Ex« und »Cum-Cum« auf mehr als 55 Milliarden Euro belaufen. Deutschen Finanzämtern sind nach Berechnungen des Steuerexperten Christoph Spengel von der Universität Mannheim zwischen 2001 und 2016 mindestens 31,8 Milliarden Euro entgangen. In Deutschland schloss der Staat das Steuerschlupfloch im Jahr 2012 - zu spät, wie Kritiker monieren.

Nach früheren Angaben des Bundesfinanzministeriums gehen Ermittler inzwischen 499 Verdachtsfällen mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro nach. Davon seien bisher 2,4 Milliarden Euro an Kapitalertragsteuer erfolgreich zurückgefordert oder gar nicht erst ausgezahlt worden.

Anfang September begann vor dem Bonner Landgericht der erste Strafprozess gegen zwei britische Wertpapierhändler. Bisher ist nicht höchstrichterlich geklärt, ob »Cum-Ex«-Geschäfte nur moralisch fragwürdig oder auch illegal waren. Der Bonner Prozess gilt in dieser Frage als wegweisend. Agenturen/nd

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