Nehmen, wie es kommt

Nicht nur Tore, auch Politik und Wetter bestimmen die nur schwer nachvollziehbare Auslosung zur EM 2020

Wenn in Fußballkreisen derzeit über das Wetter geredet wird, dann nicht aus Mangel an Themen. Nachdem am Dienstagabend die letzten Gruppenspiele der EM-Qualifikation abgepfiffen wurden, wird am Freitag ausgelost. Nein, nicht die Endrunde der Europameisterschaft, das folgt am 30. November. Weil noch vier Plätze für das paneuropäische Turnier im kommenden Sommer zu vergeben sind, geht es zuerst darum, vier Gruppen für die Playoffs zu ermitteln. Dabei ist aber nicht nur zu klären, wer gegen wen spielt, sondern auch warum.

Und schon sind wir beim Wetter. Weil die Playoffs Ende März 2020 ausgespielt werden, hat der kontinentale Fußballverband UEFA zehn Risikostaaten ausgemacht - wegen »schwerwiegender Winterverhältnisse«. Drei davon haben es sportlich in die Auslosung geschafft: Island, Norwegen und Belarus. Mehr als zwei dürfen nicht in einer Gruppe spielen, um das Risiko von Spielabsagen zu minimieren. Noch komplizierter wird es mit der politischen Großwetterlage bei der UEFA und ihren 55 Mitgliedsverbänden. Mit Kosovo, Serbien sowie Bosnien und Herzegowina sind drei Nationalteams in den Playoffs dabei, die nicht aufeinandertreffen dürfen. Und es gibt noch eine Einschränkung. Weil die UEFA möglichst viele der zwölf Gastgeber dabei haben will, können auch hier maximal zwei in eine gemeinsame Playoff-Gruppe gelost werden - mit Ungarn, Rumänien, Irland und Schottland sind vier dabei.

Ja, es ist kompliziert. Deshalb soll hier die Art, wie die 16 Playoff-Teilnehmer ermittelt wurden, nicht detailliert beschrieben werden. Nur so viel: Es war ein umständlicher Modus aus den Platzierungen in der EM-Qualifikation, der Abschlusstabelle der neu eingeführten Nations League und einem notwendigen Nachrückverfahren. Und deshalb soll es hier erst mal eindeutig und einfach weitergehen: Mit dem 6:1 am Dienstagabend in Frankfurt am Main gegen Nordirland haben sich die deutschen Fußballer als Gruppenerste für die EM-Endrunde qualifiziert. Gemessen am medialen Abgesang Anfang September ist das ein mehr als befriedigender Abschluss. Die damalige 2:4-Niederlage gegen die Niederländer, die es letztlich auf Rang zwei in der Gruppe geschafft haben, war ja auch die einzige im Länderspieljahr 2019.

Joachim Löw war zurecht angetan von der Leistung seines Teams. »Wir nehmen es, wie es kommt«, antwortete der Bundestrainer später auf die Frage nach möglichen Gruppengegnern. Vor der EM 2020 ist das mehr als demonstratives Selbstvertrauen, und ausnahmsweise keine Floskel. Denn selbst die Auslosung am 30. November in Bukarest klärt die Gruppenzusammenstellung nicht abschließend. Ja, es wird wieder kompliziert. Die vier Ende März 2020 in Halbfinal- und Finalspielen zu ermittelnden Endrundenteilnehmer werden »blind« zugelost - über konstruierte Pfade. Aber: Auch dabei können ungewünschte Konstellationen entstehen. Für diesen Fall hat die UEFA einen Dringlichkeitsausschuss eingerichtet. Angeführt von Präsident Aleksander Ceferin würden am 1. April fünf Mitglieder über das letztendliche Gruppenbild entscheiden. Dabei dürfen dann nicht nur Kosovo, Serbien sowie Bosnien und Herzegowina nicht aufeinandertreffen, auch die Ukraine und Kosovo nicht auf Russland.

Die Fans sind dazu gezwungen, es wie Joachim Löw zu halten: Nehmen, wie es kommt. Das gilt konkret für die späte EM-Reiseplanung und kaum nachvollziehbare Qualifikationsregeln. Generell gilt: Das Bestreben der Verantwortlichen, Fußball zu einem immer mehr perfekten Event zu machen, degradiert Fans zu reinen Konsumenten.

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