Historischer Moment für »Ende Gelände«

Im Rahmen des Klimastreiks wollen Aktivisten am Wochenende Kohleinfrastruktur in der Lausitz blockieren

  • Katharina Schwirkus
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Klimabewegung »Ende Gelände« hat ihr Podium in der Bundespressekonferenz am Mittwochmittag hochkarätig besetzt, um Aktionen des zivilen Ungehorsams in der Lausitz anzukündigen. Neben den Aktivist*innen der Bewegung selbst, die seit 2015 immer wieder Kohleinfrastruktur blockieren, sind auch Vertreter*innen der für das Klima demonstrierenden Schüler*innen »Fridays for Future« anwesend. Zudem sind eine Sprecherin der linken Nichtregierungsorganisation Campact, ein Sprecher des Bündnisses »Alle Dörfer bleiben« und eine Vertreterin von den »Anti-Kohle-Kids« dabei.

Genaueres verraten die Aktivist*innen, die einen sofortigen Ausstieg Deutschlands aus der Kohle fordern, erst mal nicht. Klar ist nur: Am Samstag will »Ende Gelände« Braunkohleinfrastruktur in der Lausitz lahmlegen. Die Blockaden könnten das Kraftwerk Jänschwalde betreffen, das früher von Vattenfall und jetzt von der Lausitzer Energie AG betrieben wird. Zudem sind Aktionen im Leipziger Süden rund um den Kohlekonzern Mibrag geplant.

Wenngleich »Fridays for Future« und Campact offiziell nicht zu Aktionen des zivilen Ungehorsams, sondern lediglich zum großen, bundesweiten Klimastreik aufrufen, ist die Botschaft der gemeinsamen Pressekonferenz klar: Wir stehen hinter »Ende Gelände«. Carla Reemtsma, Sprecherin von »Fridays for Future«, bestätigt diesen Eindruck: »Wir verstehen jeden, der einen Schritt weitergehen und in die Blockade gehen will«, sagt sie. »Fridays for Future« unterstützt die Aktionen von »Ende Gelände« zudem durch eine »friedliche Demonstration vor dem Kraftwerk Jänschwalde«.

Im Mai 2016 hatte das Bündnis »Ende Gelände« Bagger, Gleise und Förderbänder im Tagebau Welzow-Süd besetzt und einen Zaun des Kraftwerks Schwarze Pumpe überwunden. Als die Polizei begann, die Blockade am Kraftwerk Schwarze Pumpe zu räumen, wurden Aktivist*innen verletzt. Anschließend wurde große Kritik an der Polizei laut, die mit Pfefferspray und Schlagstöcken vorgegangen sei. Andererseits rügten die Polizei und Brandenburgs damaliger Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) das Vorgehen von »Ende Gelände« scharf. Schröter sagte seinerzeit, es handele sich bei den Blockaden um »Straftaten« und es mache »keinen Unterschied, ob sie jemand begeht, um die Welt zu retten durch das Abschalten eines Kraftwerkes, oder um sich persönlich zu bereichern«.

Mit Blick auf die für das kommende Wochenende geplanten Aktionen wehrt sich »Ende Gelände«-Sprecherin Nike Mahlhaus vor solchen Diskursen. »Im Kontext von Massenaktionen wurde der Straftatvorwurf noch nie gerichtlich rechtskräftig bestätigt«, sagt sie. Zudem habe es noch »keinen gerichtlich bestätigten Vorwurf des Hausfriedensbruchs gegen ›Ende Gelände‹ gegeben«. Mahlhaus erinnert, das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass passive Sitzblockaden generell nicht als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu werten seien. Kritik an »Ende Gelände« gab und gibt es aber auch von der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie und von Bürger*innen, die in der Nähe der Kraftwerke leben.

Bei den Aktionen 2016 wurden sowohl Aktivist*innen als auch Journalist*innen von Neonazis bedroht und angegriffen. Die Opferperspektive Brandenburg sammelte nachträglich Berichte von solchen Angriffen und legte diese dem Landtag vor. Mit Blick auf das kommende Wochenende warnt die Opferberatungsstelle vor erneuten rechten Attacken. Angesichts von im Internet kursierenden Gewaltaufrufen werden »körperliche Angriffe auf Teilnehmende« der Aktionen von »Ende Gelände« befürchtet, heißt es von der Opferperspektive. Diese Gewaltaufrufe seien nicht zu unterschätzen. Auch werde die Polizei in solchen Gewaltaufrufen aufgefordert, auf die Aktivist*innen zu schießen. Rechte Fangruppierungen des FC Energie Cottbus mobilisierten gegen die Klimabewegung, heißt es warnend.

Wir haben eine antifaschistische Schutzstruktur aufgebaut, sagt »Ende Gelände«-Sprecherin Mahlhaus zu der Gefahr von Rechts. Zu Gegenprotesten, die aus dem Umfeld von Kohlekumpels und Kraftmitarbeitern organisiert werden, erklärt Mahlhaus, dass sie diesen gelassen entgegensehe. »Sie haben das Recht dazu, und ich hoffe, dass wir friedlich nebeneinander demonstrieren können.« Im Vorfeld habe »Ende Gelände« immer wieder den Dialog mit den Mitarbeitern der Lausitzer Energie AG gesucht, um klarzustellen, dass es der Bewegung nicht um die einzelnen Angestellten in der Branche gehe und diese nicht einfach ihren Job verlieren sollten.

2019 stehe die Gesellschaft nach einem Jahr »Fridays for Future«-Demonstrationen an einem historischen Punkt, meint Mahlhaus. »Jetzt müssen wir handeln, um Klimagerechtigkeit zu erreichen.« Angesichts der programmierten Auseinandersetzungen mit Polizei, Gewerkschaftern und rechten Gruppen könnte der Samstag wirklich ein historischer Moment für »Ende Gelände« werden. Denn für die Bewegung geht es auch um ihr Image in den Medien und in der Gesellschaft.

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