- Berlin
- Rosa-Luxemburg-Stiftung
Gutachten: Mietendeckel ist rechtlich zulässig
Neue juristische Expertise im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu geplantem Gesetz erschienen
Für die Gegner des Mietendeckels ist es das Standardargument: Weil im Bundesrecht das Mietrecht geregelt ist, darf das Land Berlin gar keine rechtlichen Regelungen zu den Mieten treffen. Bundesrecht schlägt Landesrecht quasi. Dass es nicht so simpel ist, belegt ein neues Gutachten zum geplanten Mietendeckel, das am Montag von der linksparteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin vorgestellt wurde.
»Wenn es so einfach wäre, dann gäbe es keine Landespolizeigesetze«, sagt Andreas Fischer-Lescano. Der Professor für öffentliches Recht aus Bremen hat gemeinsam mit einem Mietrechtsexperten und einem Mitarbeiter das 31-seitige Gutachten mit dem Titel »Landeskompetenzen für Maßnahmen der Mietpreisregulierung« verfasst. In der Schrift kommen die Autoren zu dem Schluss, dass in der Föderalismusreform und der Übertragung des Wohnungswesens auf die Bundesländer auch eine Landeskompetenz zur öffentlich-rechtlichen Preisregulierung beinhaltet war.
»Nach unserer Auffassung haben wir es mit einer öffentlich-rechtlichen Regulierung zu tun«, betont Fischer-Lescano. Landesrechtliche Regulierungen seien dann zulässig, wenn der Ansatz mietverwaltungsrechtlich sei und der öffentlich-rechtlichen Regulierungen diene. Kurz: Wenn das Land Berlin seine Kieze vor Verdrängung schützen will, ist es statthaft, wenn für diese gemeinwohlorientierte Ziel ein Mietpreismoratorium, eine Mietpreisobergrenze und eine Mietpreisabsenkung geschaffen werden.
Was die von Rot-Rot-Grün in Berlin geplante Rückwirkung des Mietendeckel-Gesetzes zum Stichtag 18. Juni 2019 angeht, hat auch der Bremer Rechtsprofessor Fragen. »Das ist sehr unklar«, sagt Fischer-Lescano. Es gibt aber auch Beispiele aus der Rechtsgeschichte wie bei der Einführung der sogenannten Kappungsgrenze, wo Vermieter die Regelung auch rückwirkend hinnehmen mussten.
Für die Linksfraktion im Bundestag und im Berliner Abgeordnetenhaus belegt die Expertise unterdessen, dass »juristisch keine ernstzunehmenden Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz der Länder für die öffentlich-rechtliche Preisregulierung von Wohnraummieten« bestehen. »Es ist gut, dass das Land Berlin vorangeht«, sagt Caren Lay. »Die explodierenden Mieten sind bundesweit ein Problem«, erklärt die Mietenexpertin der LINKEN-Bundestagsfraktion. Aus Sicht der Mieter sei es deshalb richtig, die Mietpreise per Gesetz zu regulieren.
Die Perspektive der Genossen
Bremer-Höhe-Vorstand Ulf Heitmann kritisiert den geplanten Berliner Mietendeckel
Ob der Berliner Vorstoß von Rot-Rot-Grün am Ende Bestand hat, wird allerdings nicht per Gutachten geklärt, sondern von Gerichten. Dass gegen das Gesetz, das im ersten Quartal 2020 kommen soll, geklagt werden wird, wurde mehrfach angekündigt. Der Rechtsgelehrte Andreas Fischer-Lescano spricht in diesem Zusammenhang von einem »enormen politischen Säbelrasseln«. Doch am Ende wird es - früher oder später - eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geben.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.