- Wirtschaft und Umwelt
- »Coffee to go«
Kaffeebecher zum Recyceln
In immer mehr Städten werden Systeme für Pfandgefäße geschaffen
»Coffee to go« - ein Zauberwort für unausgeschlafene Frühaufsteher in vollen S-Bahnen, Studenten auf dem Campus, eilige Kaffeetrinker schlechthin. Die Wegwerfbecher liegen im Trend - und damit viel zu oft dann auch in überquellenden Papierkörben. Das Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau ermittelte, dass die Deutschen im Jahr 2,8 Milliarden dieser Einweggefäße nutzen und danach als Abfall entsorgen. Dies sind pro Stunde 320 000 Becher, die überwiegend aus plastikbeschichteten Papierfasern bestehen und damit kaum recycelbar sind. Die Becherflut summiere sich auf 400 000 Kubikmeter und blockiere 15 Prozent des Volumens aller Papierkörbe in deutschen Innenstädten, heißt es in einer Erhebung des UBA.
Erschreckende Zahlen, die nun auch die Kommunen wachrütteln. Ob Augsburg oder Lübeck, Chemnitz oder Nürnberg - vielerorts gibt es inzwischen Initiativen gegen die Becherflut. Vorreiter war Freiburg, wo bereits 2016 ein sogenannter Freiburgcup aus recyclingfähigem Polypropylen kreiert wurde. Er kann inzwischen in 134 Cafés und Bäckereien der Stadt gegen ein Pfand mit erworben und anschließend auch bei einem anderen der beteiligten Shops zurückgegeben werden. Hier wird er ausgespült und erneut ausgegeben.
Inzwischen setzen zunehmend mehr Städte auf ein Modell namens Recup, das von einem Münchener Start-up entwickelt wurde. Diese Becher können auch bundesweit wieder eingelöst werden - sehr praktisch etwa für Zugreisende. Auch der Leipziger Stadtrat gab unlängst auf Basis dieses Systems knapp 30 000 Euro frei und ermöglichte damit die Weiterführung eines Projektes, das der BUND Ende 2018 probeweise gestartet hatte.
Es nennt sich Recycling2go und findet inzwischen Anklang bei rund 50 Bäckern, Cafés und Bahnhofsshops. Ketten wie der Lukas-Bäcker mit gut 20 Filialen, verkaufen Coffee to go nur noch in Pfandbechern. Das sei auch nötig, sagt BUND-Projektleiterin Steffi Mühleder. Damit das System dauerhaft erfolgreich sei, müssten sich mindestens 30 Betriebe daran beteiligen. Denn das Modell basiere darauf, die leeren Cups in anderen Geschäften zurückgeben zu können.
Laut den Recup-Gründern gibt es zwischen Bremen und Stuttgart mittlerweile 3450 Ausgabestellen für die Mitnehmbecher. Dazu gehören auch Bioläden, erste Supermarktketten sowie Betriebsrestaurants wie das von Volkswagen in Wolfsburg. Hergestellt werden die Cups von einem mittelständischen Kunststoff- und Metallverarbeiter im Allgäu. Der versichert, dass sie rund 1000 Spülmaschinengänge überstehen.
Doch inzwischen scheint die erste Euphorie verflogen. Die Zahl der beteiligten Handelspartner stagniere oder sei gar wieder leicht rückläufig, beobachtet man etwa im schwäbisch-bayrischen Großraum zwischen Ulm und Neu-Ulm. Vor allem in eher ländlich geprägten Ecken lohne eine Teilnahme am Recup-System nicht, bedauert eine Kleinstadthändlerin. Sie spiele im Moment nicht einmal die 30 Euro ein, die sie monatlich als Lizenzgebühr an die Recup GmbH entrichten müsse.
Um ein wenig marktlenkend einzugreifen, forderte die Chefin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, dieser Tage nun, dass Kaffee »to go« sowie andere Heißgetränke aus Einwegbechern teurer sein müssten als jene aus Pfandgefäßen. Dies schaffe »einen persönlichen Anreiz für die Kunden«, umweltbewusster zu handeln.
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