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»Keine Profite mit Boden und Miete!«

Hamburger Mietervereine starten Volksinitiative gegen den Verkauf städtischer Grundstücke

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Kampf gegen explodierende Mieten in den Ballungsräumen ist um eine Variante reicher. Weil die Mietpreisbremse, der kräftig angekurbelte Neubau und das »Bündnis für das Wohnen« mit Vertretern von Stadt, Wohnungsunternehmen und Mietervertretern in Hamburg nicht die gewünschte Wirkung zeigen, gehen der »Mieterverein zu Hamburg« und »Mieter helfen Mietern« in die Offensive: Die Organisationen starten zwei Volksinitiativen mit dem Ziel, den Verkauf städtischer Flächen künftig zu unterbinden und den Bau bezahlbarer Wohnungen zu fördern. Lokale Mieterinitiativen, Gewerkschaften, attac und die Naturfreunde unterstützen den - für Hamburger Verhältnisse - geradezu revolutionären Vorstoß.

»Wir wollen erreichen, dass städtische Flächen nicht mehr verkauft, sondern ausschließlich im Rahmen des Erbbaurechts vergeben werden«, sagte Paul-Hendrik Mann vom Mieterverein zu Hamburg am Donnerstag bei der Präsentation der Initiativen. Auf öffentlichen Liegenschaften dürften zudem künftig nur noch Einheiten im Sozialmietensegment ohne befristete Mietpreisbindung entstehen.

Mehrere Fakten untermauern die Notwendigkeit dieser radikalen Forderungen: Erstens hat heute rund die Hälfte der (weiter wachsenden) Hamburger Bevölkerung Anspruch auf Bezug einer Sozialwohnung, zweitens findet Wohnungsbau in der Hansestadt derzeit zu drei Vierteln auf privatem Grund mit dementsprechenden Renditeerwartungen statt und drittens entstehen immer noch zu wenig Sozialwohnungen. »Da aber in jedem Jahr eine größere Anzahl aus der Bindung fällt, verringert sich die Zahl der bezahlbaren Wohnungen«, rechnete Bernd Vetter von der Eppendorfer Mietergruppe Haynstraße/Hegestraße vor. So sei der Sozialwohnungsbestand im ersten Förderweg von 99 000 im Jahr 2011 auf weniger als 80 000 in 2018 gesunken.

Rechtsanwalt Vetter ist ein alter Hase im Kampf für günstige Mieten und gegen Wohnraumvernichtung. Als junger Anwalt hatte er das vom Abriss bedrohte Jugendstil-Ensemble in Eppendorf mit einem genial ausgeklügelten, nicht auszuhebelnden Zwischenmietvertrag für den Investor unattraktiv gemacht. Einige Mieter von damals leben noch heute dort zu Spottpreisen in riesigen Wohnungen, darunter der Advokat selbst.

Um günstiges Wohnen breiteren Bevölkerungskreisen zu ermöglichen, haben die Mietervereine nun die Volksinitiativen »Boden und Wohnraum behalten - Hamburg sozial gestalten« und »Neubaumieten auf städtischem Grund für immer günstig!« unter dem Motto »Keine Profite mit Boden und Miete!« gestartet. Die Initiatoren wollen damit durchsetzen, dass die Stadt grundsätzlich keine Grundstücke und Wohnungen mehr veräußert, es sei denn, es bestehe ein »besonderes öffentliches Interesse«. Flankierend dazu werden Senat und Bürgerschaft aufgefordert, in den auf städtischem Grund entstehenden Wohnungen den Mietzins auf Sozialmietniveau zu begrenzen. Aktuell liegen die Eingangsmieten von Wohnungen, die im ersten Förderweg entstehen, bei 6,60 Euro. Mietsteigerungen sollen nur dem Inflationsausgleich dienen und maximal zwei Prozent betragen. »Diese Mietpreisdeckelung soll künftig für alle Neubauwohnungen auf städtischem Grund gelten, und zwar dauerhaft«, sagte Volksinitiativen-Initiator Gilbert Siegler.

Für Marc Meyer von Mieter helfen Mietern ist das Einfrieren eines Großteils der Neubaumieten auf Sozialmietniveau das Gebot der Stunde: »Wenn Wohnungsbau mit Steuergeldern zur Schaffung günstigen Wohnraums subventioniert wird, dann muss sichergestellt sein, dass diese Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen dauerhaft bezahlbar bleiben.« Es könne nicht sein, dass diese Wohnungen nach einigen Jahren zu überhöhten Marktpreisen vermietet werden.

Die Hamburger Politik reagierte auf den Vorstoß, wie zu erwarten war: Die FDP bewertet den Vorstoß als »populistisch«, die Grünen »begrüßen« die Initiative, die die Stadtentwicklungssenatorin stellende SPD war bis gestern Nachmittag sprachlos, die AfD beschäftigt sich derweil lieber mit »Gefährdern«, und die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der LINKEN Heike Sudmann frohlockt: »Endlich kommt Fahrt in die Sache, dass die Stadt Schluss macht mit dem Ausverkauf ihrer Flächen.«

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