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Mit großer Klappe ablenken
Erdoğan will aus drohenden Sanktionen Profit schlagen, meint Philip Malzahn
Die USA steuern sich mit ihrer Nahost-Politik selbst ins Abseits und liefern dabei dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eine Steilvorlage, um seinen innenpolitischen Niedergang zu verhindern. Warum? Die türkische Wirtschaft ist am Boden und die Opposition auf dem Vormarsch. Die drohenden US-Sanktionen aufgrund des längst in trockene Tücher gewickelten Kaufs eines russischen Waffensystems könnten die ohnehin katastrophale Lage verschlechtern. Um seine Allmachtstellung in der Türkei zu wahren, muss Erdoğan aus der Bedrohung Profit schlagen.
Das tut er, in dem er den starken Mann markiert und mit der Schließung von US-Stützpunkten droht, unter anderem der Basis Incirlik, wo das US-Militär Atomwaffen lagert. Sein klarer außenpolitischer Kurs kommt gut an. Die Invasion Nordsyriens - begünstigt durch den überhasteten Rückzug US-amerikanischer Truppen - und die damit einhergehende Aussicht auf Rückführung syrischer Flüchtlinge bedient die weit verbreiteten fremdenfeindlichen Ressentiments innerhalb der türkischen Gesellschaft. Im Kriegsrausch geriet die schlechte wirtschaftliche Lage kurz in Vergessenheit, und darauf möchte er aufbauen. Was Erdoğan zum Verhängnis werden könnte: dass die US-Regierung sich nicht beeindrucken lässt, die Sanktionen tatsächlich einführt und so den Absturz der türkischen Lira beflügelt.
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