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Russland kündigt Widerspruch an
Nationale Antidopingagentur will Vierjahressperre vorm Sportgerichtshof anfechten
Der russische Dopingskandal geht in die nächste Runde: Am Donnerstagvormittag verkündete der Aufsichtsrat der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA, dass gegen die Vierjahressperre für russische Mannschaften bei Olympia und WM Beschwerde vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne eingereicht werde.
»Der Ball liegt jetzt im Feld der WADA. Wir werden das auf dem rechtlichen Feld klären«, sagte der Leiter des Gremiums, Alexander Iwlew. Russland werde den Widerspruch innerhalb von 10 bis 15 Tagen an den CAS richten.
Fünf Mitglieder des siebenköpfigen Aufsichtsrates hätten für den Widerspruch gestimmt, teilte die RUSADA mit. Die zweimalige Stabhochsprungolympiasiegerin Jelena Issinbajewa und Sergej Krytschikow, Leiter der Abteilung für Sportkonventionen des Europarates, hätten sich der Stimme enthalten.
Nur eine halbe Stunde zuvor hatte sich auch der russische Präsident Wladimir Putin auf seiner jährlichen Mega-Pressekonferenz zum Thema Dopingbann geäußert, nachdem ihn eine Reporterin des Sportsenders »MatchTV« um seine Einschätzung gebeten hatte: Die Sperre der russischen Athleten sei »politisch motiviert«, »unfair« und widerspreche »dem gesunden Menschenverstand«, klagte Putin.
Er verwies auf die Olympischen Spiele 2018, bei denen die Russen nur als neutrale Athleten antreten durften, nachdem die systematische Manipulation von Dopingproben bei den Winterspielen von Sotschi 2014 nachgewiesen worden war. Russland könne nicht zum zweiten Mal für dasselbe Vergehen gesperrt werden, lautete Putins Argumentationslinie, die allerdings am Kern der neuerlichen Bestrafung vorbeiführt: Denn die WADA hatte am 9. Dezember beschlossen, Russland für vier Jahre auszuschließen, weil sie es als erwiesen ansah, dass Dopingdaten aus dem Moskauer Analyselabor Anfang 2019 manipuliert worden waren. Bereits Anfang 2018 hatte auch Russland jenen Standards zugestimmt, nachdem die RUSADA nun suspendiert worden ist.
Geht es nach dem Willen der WADA, werden russische Sportler nur als neutrale Athleten ohne Nationalflagge an Olympia, WM und größeren Veranstaltungen teilnehmen. Außerdem darf Russland bis 2023 weder Gastgeber großer Wettkämpfe sein, noch sich für deren Ausrichtung bewerben.
Dass die WADA-Strafe nun vor dem Internationalen Sportgerichtshof verhandelt wird, zieht den Skandal weiter in die Länge: Sportrechtsexperten prophezeien, dass die juristischen Auseinandersetzungen vor den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio noch nicht abgeschlossen sein werden. Die Deutsche Anti-Doping-Agentur NADA bemängelte dies. »Es wäre wünschenswert gewesen, dass die Entscheidung der WADA von der RUSADA akzeptiert und umgehend umgesetzt wird«, teilte die NADA in einer Erklärung mit. »Für die sauberen Sportler ist es der denkbar schlechteste Weg, da die Entscheidung nun weiter aufgeschoben wird.«
Zumindest die Rodel-WM, die im Februar in Sotschi ausgetragen werden soll, wird Russland damit keinesfalls mehr entzogen werden können. Die Fußball-EM 2020, bei der drei Spielen in St. Petersburg ausgetragen werden sollen, ist von dem WADA-Bann ohnehin nicht betroffen, da es es sich nur um eine kontinentale Meisterschaft handelt.
Aufsichtsratschef Alexander Iwlew sagte am Donnerstag, Russland werde im »Ökosystem« des internationalen Sports bleiben. Juri Ganus, Präsident der RUSADA, hatte das vor wenigen Tagen ganz anders eingeschätzt: »Es gibt keine Möglichkeit, diesen Fall vor Gericht zu gewinnen.«
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