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Schwesig für mehr Bürgerbeteiligung an Winderlösen
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD): Wenn Bürger vor Ort konkret von Anlagen profitieren, erhöht sich die Akzeptanz
Schwerin. Die Belastungen durch Windparks müssen nach Auffassung von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auch finanziell abgegolten werden. »Wir brauchen mehr Akzeptanz für die Nutzung der Windkraft und dazu gehört die Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und der Kommunen auch an den Erträgen«, sagte Schwesig der Deutschen Presse-Agentur in Schwerin.
Als erstes Bundesland habe Mecklenburg-Vorpommern eine solche Beteiligung gesetzlich geregelt. Auch wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Rechtmäßigkeit der Vorgaben noch immer ausstehe, halte sie es für möglich und ratsam, die Grundregeln aus dem Land auf den Bund zu übertragen. »Wenn Bürgerinnen und Bürger vor Ort ganz konkret etwas von einer Windkraftanlage haben, werden sie auch solche Anlagen stärker akzeptieren«, sagte Schwesig.
Neben restriktiven Maßgaben des Bundes hatten vor allem örtliche Bürgerproteste dafür gesorgt, dass der zum Klimaschutz erforderliche Ausbau der Windkraft-Nutzung massiv an Tempo verlor. Während nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie im Jahr 2017 an Land noch 1792 Windräder mit einer Gesamtleistung vom 5330 Megawatt errichtet worden waren, waren es 2018 nur noch 743 Anlagen mit 2400 Megawatt. Für 2019 wird angesichts von lediglich 86 neuen Windrädern zum Halbjahr ein weiterer Rückgang erwartet. Windkraftanlagenbauer reagierten mit Stellenabbau.
Mecklenburg-Vorpommern hatte auf die veränderte Stimmungslage schon 2016 reagiert und im Landtag ein Beteiligungsgesetz verabschiedet. Demnach müssen Investoren und Projektträger Kommunen und deren Bewohnern im Fünf-Kilometer-Umkreis von Windparks 20 Prozent der Gesellschafteranteile zum Kauf anbieten. Bei Nutzung partizipieren sie auch an den Erträgen. Alternativ sind Ausgleichsabgaben an die Kommunen möglich. Mit dem Geld sollen insbesondere das Ortsbild aufgewertet und die Infrastruktur verbessert, der Energieverbrauch in der Gemeinde optimiert oder kommunale Veranstaltungen gefördert werden.
Vertreter der Windenergiebranche hatten die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes in Zweifel gezogen. Trotz des anhaltenden Rechtsstreits wenden nach Angaben des Schweriner Energieministeriums Investoren in Einzelfällen das Gesetz aber bereits auf freiwilliger Basis an.
»Im Vermittlungsausschuss zum Klimapakt haben wir auch auf Initiative von Mecklenburg-Vorpommern vereinbart, dass die Bundesregierung im ersten Quartal 2020 Gesetzesvorschläge machen wird«, sagte Schwesig. Neben der Beteiligung von Bürgern und Kommunen an Windkraftanlagen komme auch ein reduzierter Strompreis als Ausgleich in Frage.
»Ich finde, es sollten mehrere Möglichkeiten eröffnet werden. Ob die Kommune dank der Windkraft-Einnahmen endlich das Feuerwehrhaus oder die Schule sanieren kann, oder ob die Strompreise für die Bürgerinnen und Bürger sinken: Wichtig ist, dass direkt etwas vom Ertrag der Windkraftanlage auch vor Ort ankommt«, betonte Schwesig. Sie sprach sich gleichzeitig für eine stärke Unterstützung der Windbranche aus, die wegen des stockenden Windkraft-Ausbaus seit 2016 bundesweit schon etwa 35 000 Arbeitsplätze abgebaut hat.
Windkraft erstmals noch vor Braunkohle wichtigster Energieträger
Trotz Ausbaukrise bei der Windkraft: Weil sie immer unrentabler wird, ist die Stromproduktion aus Kohle in Deutschland 2019 gesunken - unerwartet stark sogar. Nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen ging in Deutschland der Gesamtverbrauch an Braun- und Steinkohle um jeweils ein Fünftel zurück.
Die Windenergie verdrängte dabei die Braunkohle von Platz 1 der wichtigsten Energieträger für den Strom. Windräder an Land und auf See lieferten 21 Prozent der Bruttostromerzeugung in Deutschland, Braunkohle nur noch 19 Prozent. Das sei ein wichtiger »Meilenstein der Energiewende«, frohlockte der Bundesverband Windenergie. Mit Steinkohle wurden sogar nur noch 9 Prozent des Stroms erzeugt. Insgesamt stieg der Anteil der Erneuerbaren nach Zahlen des Energie-Branchenverbands BDEW auf 40 Prozent.
Der deutliche Rückgang der Kohleverstromung ist nicht nur eine Folge des besonders kräftig wehenden Winds. »2019 war ein ganz verrücktes Jahr, was die Strompreise anbelangt. Wir hatten am Spotmarkt historisch niedrige Gaspreise und hohe CO2-Zertifikatspreise sowie Kohlepreise«, sagt Fabian Huneke von der Energieberatungsgesellschaft Energy Brainpool. Das habe dazu geführt, dass Gaskraftwerke viel günstiger Strom produzieren konnten als meist in der Vergangenheit und so Kohlestrom aus dem Markt verdrängt hätten.
Die Zertifikate für den Kohlendioxidausstoß haben nach Expertenansicht ihre Lenkungswirkung gezeigt. »Da die Stromerzeugung aus Gas deutlich weniger CO2-Emissionen als die Erzeugung aus Braunkohle hat, werden auch weniger CO2-Zertifikate benötigt«, erläutert Prof. Bruno Burger vom Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme den Zusammenhang. Die Kosten für das Gas und die Zertifikate hätten zeitweise »unter den reinen CO2-Zertifikatskosten des Braunkohlekraftwerks« gelegen.
Im Zuge des Ausstiegs aus Kohle und Kernenergie will Deutschland bis 2030 seinen Ökoanteil am Bruttostromverbrauch von zuletzt etwa 40 auf 65 Prozent erhöhen. 2050 sollen es sogar 80 Prozent sein. Hauptlieferant des Ökostroms sind bislang Windräder, die nach Branchenangaben im ersten Halbjahr 2019 gut 25 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms lieferten und damit erstmals die Braunkohle als wichtigsten Energielieferanten ablösten. dpa/nd
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