Der Klimawandel und die kaputte Wand

Körbaer Teich verlandet, weil in der Gegend inzwischen zu wenig Regen fällt. Aber es liegt nicht allein daran

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Es lässt sich noch erahnen, welch ein Gewimmel hier früher herrschte. »Am See befanden sich mehrere Kinderferienlager, ein Landschulheim, das häufig Ziel von Klassenfahrten war, zwei Gaststätten, eine Eisdiele, ein Campingplatz«, erinnert sich die Berlinerin Kerstin Pohnke an die guten alten Zeiten des Nacherholungsgebiets Körbaer Teich. Es erstreckt sich an der Grenze der Landkreise Elbe-Elster und Teltow-Fläming. Die Ortschaft besteht fast ausschließlich aus Hütten und winzigen Häuschen, würde ohne den Tourismus gar nicht bestehen. Ein paar Arbeitsplätze hängen dran, aber nicht mehr viele. Dabei hat die Gegend Potenzial. Es gibt einen malerischen Naturlehrpfad und ein bronzezeitliches Hügelgräberfeld.

Pohnke, deren Familie 1992 einen der Bungalows nahe des Sees übernahm, wuchs im nahen Schlieben auf und verbindet mit dem Badeteich schöne Kindheitserinnerungen. Doch mittlerweile sieht es traurig aus im Ort - und das liegt nicht zuletzt daran, dass der Teich zunehmend verlandet. Der Schilfgürtel und die Bootsstege stehen weit weg vom Ufer auf dem Trockenen. Nach den beiden zurückliegenden heißen Sommern ist es besonders schlimm geworden. Kerstin Pohnke hat dieses Jahr niemanden baden sehen. »Man kann ans andere Ufer waten«, bedauert die 57-Jährige. Es sei eine traurige Geschichte von Verfall, Vergessenwerden und Abgehängtsein.

Fakten

Mit 27 Hektar ist der Körbaer Teich der größte See im Landkreis Elbe-Elster. Von Ost nach West erstreckt er sich im Normalzustand 800 Meter, von Nord nach Süd rund 400 Meter.

Der Teich ist auch in seinen besten Zeiten nie tiefer als 2,50 Meter gewesen.

Im Mittelalter ließen Karmelitermönche das Schweinitzer Fließ anstauen, um Karpfen für die Fastenzeit zu züchten.

1968 wurde das 510 Hektar große Landschaftsschutzgebiet »Körbaer Teich und Lebusaer Waldgebiet« eingerichtet.

2017 fürchteten Anlieger strenge Nutzungsauflagen durch die Eingliederung des Teichs in ein Naturschutzgebiet. Nun hoffen sie, den Badesee unter Berufung auf den Naturschutz retten zu können. af

Nicht nur Pohnke macht sich große Sorgen. Auch die Bürgerinitiative »Rettet den Körbaer Teich« fürchtet das Schlimmste. Hat der Teich überhaupt noch eine Chance, wenn es mit dem Klimawandel so weitergeht? Ja, aber nur bei einem Umdenken und schnellen Maßnahmen, denkt Christian Hentrich von der Bürgerinitiative. Vier Zuläufe des Teichs, die im Moment alle kein Wasser führen, müssten reaktiviert werden. Außerdem habe die Absperrmauer zum Schweinitzer Fließ hin Risse, die durch den Frost noch größer werden könnten. Gegenwärtig sei das kein Problem, da der Wasserspiegel sowieso nicht an die Mauer heranreicht. Das wäre aber eine günstige Gelegenheit zur unkomplizierten und vergleichsweise kostengünstigen Sanierung, findet Hentrich. Eine dichte Absperrwand wäre »essenziell« für den Teich. Hentrich ist vom Fach - ein Biologe mit dem Spezialgebiet Gewässerökologie.

Das zum Kreis Elbe-Elster gehörende Amt Schlieben weiß Bescheid. »Es ist angedacht, etwas zu unternehmen, um den Wasserzu- und -ablauf zu regeln«, erklärt Petra Hoffert. Wann es soweit sein könnte und was das kosten würde, vermag die stellvertretende Leiterin der Bauverwaltung jedoch nicht zu sagen. Das sei nicht abzusehen, sagt Hoffert. Auf jeden Fall müssten Fördermittel organisiert werden, denn aus eigener Kraft könne das Amt die notwendigen Baumaßnahmen nicht finanzieren.

Kerstin Pohnke hat sich bereits im Frühjahr mit einer Petition an den brandenburgischen Landtag gewandt. Sie erhoffte sich Hilfe. »Für Menschen, die sich die Ostsee nicht leisten können, soll der Körbaer Teich wieder ein Ausflugsziel sein«, wünscht sie sich. Verglichen mit den Wassermassen, die zur Flutung in ehemalige Braunkohletagebaue in der Lausitz eingeleitet werden, benötige der Körbaer Teich doch nur ein Reagenzglas voll, meint sie.

Doch kurz vor Weihnachten erhielt Pohnke einen Bescheid vom Petitionsausschuss, der sie ernüchterte. Die Ausschussvorsitzende Karla Kniestedt (für Grüne) teilte ihr mit, dass man Stellungnahmen von den Kreisverwaltungen Elbe-Elster und Teltow-Fläming sowie vom Umweltministerium eingeholt habe. Demnach habe es eine Reihe von Studien zur Situation am Teich und in seinem Einzugsgebiet gegeben und es seien in den Jahren 1995 bis 2016 umfangreiche Maßnahmen ergriffen worden - ohne zählbares Ergebnis, denn der Wasserstand konnte nicht stabilisiert werden. Grundwasser fließe nur wenig zu. Entscheidend sei der Regen. Doch 2018 habe es ein erhebliches Niederschlagsdefizit gegeben, gefolgt von einem vergleichsweise trockenen Winter und einem niederschlagsarmen Frühjahr 2019.

»Die Situation ist nicht nur am Körbaer Teich zu beklagen. An drei umliegenden Oberflächenwasser-Messstellen wurden im Jahr 2018 die tiefsten Werte seit 15 Jahren erreicht«, informiert Kniestedt. Nach Auffassung von Umweltstaatssekretärin Silvia Bender könnte der Wasserspiegel nur durch die aufwändige Überleitung aus anderen Gewässern erhöht werden, schreibt Kniestedt. Dies komme aber nicht in Betracht, da das Wasserangebot in dem Areal großräumig zurückgegangen sei »und kein Gewässer für eine Überleitung infrage käme«. Für Pohnke enttäuschend endet der Bescheid mit der Auskunft, der Petitionsausschuss sehe »in dieser Angelegenheit keine Möglichkeit«, die Befassung damit sei erledigt.

Auf dem Parkplatz am See lässt sich auf einem Hinweisschild erfahren, dass es ökologisch sinnvoll sei, den Fischteich alle drei oder vier Jahre mal abzulassen. Doch in Wahrheit droht jetzt ein Totalverlust. Dann wäre es Essig mit den Plänen, eine ehemalige Gasstätte am Ufer im März und April 2020 als Seminarhaus und angeschlossenes Café neu zu beleben, wie es ein handgeschriebener Zettel an einem der Fenster verheißt.

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