Keine Strategie gegen rechts

Mitarbeiter*innen des WDR stehen wegen des »Umweltsau«-Liedes am Pranger

Der Journalist und freie Mitarbeiter des WDR, Danny Hollek wird mutmaßlich von Neonazis vor seiner Haustür bedroht. Das Socia-Media-Team der WDR-Sendung @aktuelle Stunde distanzierte sich von einem Tweet dieses Kollegen und hob hervor, dass Hollek freier Mitarbeiter ist.

Dieser Tweet war eine Antwort auf das rechte und konservative Toben, das auf die klimakritische, satirische WDR 2-Produktion von »Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad« folgte. Im Kontext des abgeschalteten Beitrags wurde dies als mangelnde Solidarität ihrem Mitarbeiter gegenüber wahrgenommen, was das Social-Media-Team dazu bewog, eine Richtigstellung zu posten, in der sie klarstellen, dass es keine Distanzierung von Hollek als Mensch und Kollegen gewesen sei.

Zuvor hatte sich WDR-Intendant Tom Buhrow bereits zweimal von der Produktion distanziert und entschuldigt. Und damit von auch von sechs für die Produktion verantwortlichen Mitarbeitern. Wie bei Hollek wurde es als Distanzierung von Kollegen wahrgenommen. Der rechte Autor Jürgen Fritz veröffentlichte entsprechend auf seinem Facebook-Profil die Mitarbeiter des Produktionsteams mit Namen und Fotos. Patrick Gensing zeigt in einem Tweet, wie durch die AfD die Telefonnummer des Chorleiters Zeljo Davutovic veröffentlicht wurde.

Es ist diese fehlende Strategie, die dazu führt, dass einzelne Mitarbeiter*innen an den Pranger gestellt werden können. Ganz unabhängig von der Frage, ob das dargebotene Lied zum Umweltverhalten älterer Frauen nun lustig ist oder nicht. Denn diejenigen, die jetzt vor lauter Empörung brüllen, dass deutsche Großmütter nicht beleidigt werden dürfen, sind mit großer Wahrscheinlichkeit dieselben, die sich auf Facebook und anderen Social-Media-Kanälen in Vergewaltigungs-und Morddrohungen gegen die WDR-Mitarbeiter*innen ergehen. Es sind diejenigen, die »deutsche Oma über alles« singen in Anlehnung an das »Lied der Deutschen«.

Dabei geht es dem rechten Mob schlicht um die Lieblingsthemen und man muss sich schon wundern, dass es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer noch keine klare Strategie zum Umgang mit dieser lautstarken und aggressiven politische Minderheit gibt. Denn die Empörung des vermeintlichen »Omabeleidigens« des WDR dient lediglich dazu, mehr Druck zu machen hinsichtlich ihrer Thesen »Klimawandel gibt es nicht« und »die öffentlich-rechtlichen Sender sind irgendwie Antifa«, frei nach dem Motto – Wahrheit gibt es qua Lautstärke, Wiederholung und Aggression.

Desto häufiger und lauter gebrüllt wird, es gäbe keinen Klimawandel, vielleicht wird es dann irgendwann wahr. Desto häufiger und lauter gebrüllt wird, die Öffentlich-Rechtlichen seien »links versifft«, wie es aus dem rechten Lager immer wieder geschieht, vielleicht wird auch das dann irgendwann wahr. Wahrscheinlich nicht, aber das wiederholte Drohen führt im Zweifel zum gewünschten Effekt, dass sich immer weniger Menschen und damit auch Journalisten trauen, ihre Position, wenn sie nicht rechts ist, kundzutun.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!