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  • Zentrum für politische Schönheit

Strittige Stele und politische Demontage

Auf eine Kunstaktion gegen seine Gedenksäule in Berlin reagierte das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) gereizt

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 4 Min.

Bei Ärger über einen Apfelbaum auf der Grundstücksgrenze rufen deutsche Nachbarn gerne mal die Polizei. Haben Antifaschist*innen Streit miteinander, ist das eigentlich keine Option. Außer für das »Zentrum für politische Schönheit« (ZPS): Als Mitglieder des »Aktions Künstler Komitees« (AKK) am Sonntag die umstrittene Metallstele vor dem Reichstag in Berlin abbauen wollten, alarmierten deren Erbauer vom ZPS kurzerhand ihre Freunde und Helfer. Zudem stellten sie mehrere Strafanzeigen.

»Mit der Anzeige wegen Sachbeschädigung, die gegen vier Aktivist*innen gestellt wurde, hat sich das ZPS selbst demontiert«, sagte ein Sprecher der Gruppe AKK dem »nd«. Auf eine Kunstaktion mit einer Anzeige zu reagieren, zeige, dass »ihr Verständnis von Aktionskunst eines ist, das nur für sie selbst gilt«, so AKK über das ZPS.

Begonnen hatte die Kontroverse Anfang Dezember, als das ZPS eine Stele errichtet und behauptet hatte, darin befinde sich die Asche von Opfern der Shoah. Die Installation sollte eine Mahnung an die CDU und CSU sein, nicht mit der AfD zu kooperieren. Konservative sollten nicht noch einmal Faschisten den Weg an die Regierung ebnen. Die Aktion war auf heftige Kritik gestoßen, auch aus der jüdischen Community. Die Verwendung von Asche stellt einen Verstoß gegen das jüdische Religionsgesetz der Totenruhe dar.

Zwar hatte das ZPS sich daraufhin entschuldigt und versprochen, die Asche zu entfernen. Doch die Stele selbst war geblieben. Auch die zuständige Bezirksverwaltung hatte den Verantwortlichen eine Frist zur Beseitigung der inzwischen einbetonierten Säule bis 20. Dezember gesetzt. Dagegen hatte die Künstlergruppe Widerspruch eingelegt.

Diesen Sonntag versuchten Aktivist*innen des AKK dann auf eigene Faust, die Stele abzubauen. »Mit der Shoah macht man weder Kunst noch Politik. Wer sie konsumierbar macht, ist Teil des Problems«, erklärte AKK. Die Gruppe habe sich eigens für diese Aktion zusammengefunden. Laut eigenen Angaben besteht sie aus rund 20 jüdischen und nichtjüdischen Personen, viele von ihnen aus Deutschland, einige aus Israel. Darunter ist der Autor Eliyah Havemann. Er habe von der Aktion über Twitter erfahren, und der Gedanke, dass in der Säule auch die Asche seines Großvaters Dagobert Biermann stecken könnte, habe ihn zum Mitmachen motiviert. »Der Kritikpunkt ist einfach diese unglaubliche moralische Überheblichkeit, mit der sie sich über sämtliche Gefühle und Empfindungen von den Leuten, die das betrifft, hinwegsetzen«, erklärt Havemann seine Kritik am ZPS. Um das Objekt zu entfernen, waren die Kritiker*innen mit Flex und Hammer angerückt. Sie wollten die Säule abbauen, »um sie anschließend an einen geheimen Ort zu bringen«. Unter den Blicken neugieriger Passanten flogen Funken und fielen erste Metallteile auf die Reichstagswiese. Dann brach die Polizei die Aktion ab. Die Säule bleibt vorerst an ihrem Ort stehen. Fragen des »nd«, etwa inwiefern Strafanzeigen gegen Kritiker*innen zu der Entschuldigung für die Stelen-Aktion passen, beantwortete das ZPS nicht. Laut Evangelischem Pressedienst hatte das Kollektiv mitgeteilt: »Wir werden das auf deren Kosten wieder instand setzen.«

Der jüdische Lyriker Max Czollek schrieb kurz darauf auf Twitter, das ZPS habe auch Journalist*innen abgemahnt, die kritisch über deren Aktion berichtet hatten. Die jüngsten Ereignisse an der Säule kommentierte Czollek gegenüber »nd« mit den Worten: »Isn’t it ironic (Ganz schön ironisch), wie schnell man manchmal die Seiten wechselt.« Er weist darauf hin, dass das Kunstwerk genauso abgebaut werden sollte, wie es aufgebaut wurde: »durch eine Kunstaktion«.

Neben dem Kernthema, wie wir gedenken wollen und was die »richtige« Art von Antifaschismus ist, wirft der Säulen-Streit weitere Fragen auf: Gibt es einen Trend, politische Konflikte immer häufiger in Form von »Kunstaktionen« auszutragen? Wenn ja, woran liegt das? Und was ist davon zu halten?

Am ZPS als Akteur scheiden sich linke Geister. Während die einen die plakativen Aktionen angesichts der rechten Bedrohung für dringend notwendig erachten, halten andere von moralischen Zeigefingern wenig. Dem ZPS nutzt beides: Auch Kritik bringt Aufmerksamkeit für seine Aktionen. Die Gruppe AKK findet: »Es ist richtig, dieser Stele mehr Aufmerksamkeit zu schenken und damit unsere Kritik ebenfalls deutlich zu formulieren.« Denn der Status quo, dass die Stele weiterhin am Reichstag steht, »ist nicht hinnehmbar«.

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