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Vertrauen verloren
Brandenburgs LINKE will mit sozialen Themen in der Wählergunst wieder zulegen
Als Regierungspartei in Brandenburg habe die LINKE unter anderem bei den Themen Öffentlicher Personennahverkehr und Mieten zu spät reagiert. Das sagte Fraktionschef Sebastian Walter am Montag beim traditionellen Katerfrühstück im neuen Jahr. »Wir mussten lernen: Nur weil man die Sozialministerin stellt, bedeutet das noch nicht, dass die Armut zurückgedrängt werden kann.« Aber gerade bei den sozialen Fragen will die inzwischen oppositionelle LINKE in Zukunft Handlungsfähigkeit demonstrieren.
Das Wahlergebnis von nur 10,7 Prozent bei der Landtagswahl am 1. September 2019 habe ihre Partei »auf den Boden der Realität zurückgeholt«, sagte die Ko-Fraktionschefin Kathrin Dannenberg. Dieses Resultat sei Ausdruck eines Vertrauensverlustes. Das Vertrauen der Wähler müsse die LINKE durch harte Arbeit zurückgewinnen. »Wir werden den Finger in die Wunde legen«, kündigte Dannenberg an. Der Koalition aus SPD, CDU und Grünen warfen die Linksfraktionschefs vor, hier und da zwar gute Ziele zu formulieren, doch die konkrete Umsetzung sei mangelhaft. Die LINKE möchte auf eine »starke öffentliche Daseinsvorsorge« hinwirken. Als wesentliche Felder definiert das linke »100-Tage-Programm« dabei Löhne, Bildung und ländliche Räume. Walter verlangte eine Erhöhung des Vergabemindestlohnes bei öffentlichen Aufträgen auf 13 Euro die Stunde und einen »sozialen Arbeitsmarkt«, da ein bedeutender Anteil der Arbeitslosen länger als ein Jahr ohne Job sei. Betroffen davon seien vor allem Frauen.
Wenn es in der Bildungspolitik nicht energische Maßnahmen gebe, steuere das Land Brandenburg auf einen Bildungsnotstand zu, warnte Dannenberg. Zwar bilde die Universität Potsdam inzwischen mehr Lehrer aus, doch gerade viel zu wenige Grundschullehrer. Erforderlich sei ein Aktionsplan, denn in absehbarer Zeit gehen jährlich rund 500 Grundschullehrer in Rente. Dannenberg forderte eine zentrale Steuerung der Qualifizierung für Seiteneinsteiger, die inzwischen schon mehr als ein Drittel der Neuzugänge ausmachen. »Viele von denen scheitern dann im Schulalltag.« Angesichts der Unsicherheit, wie viele neue Lehrer das Land in den kommenden Jahren gewinnen kann, sagte sie: »Ja, wir müssen qualifizierte Seiteneinsteiger auf Halde produzieren.« Dannenberg bekräftigte, dass sich die LINKE für komplette elternbeitragsfreie Kitas und Schulhorte stark macht.
Angesichts des 75. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus will die LINKE im Landtag beantragen, den 8. Mai, der seit 2015 in Brandenburg offizieller Gedenktag ist, nach dem Vorbild von Berlin dieses Jahr einmalig zu einem gesetzlichen Feiertag zu erklären. Dies nannte Walter ein wichtiges Signal gegen den unübersehbaren Rechtsruck.
Zu der kurz vor Weihnachten durch Innenminister Michael Stübgen (CDU) verfügten Entlassung des Verfassungsschutzchefs Frank Nürnberger, »haben wir weiter Fragen«, sagte Walter. Die Grundlage, auf der dies geschah, sei nach wie vor unklar. Es sei darüber hinaus befremdlich, dass schon einen Tag später der Landtagsabgeordnete Björn Lakenmacher (CDU) als Nachfolger ins Spiel gebracht worden sei. »Das nehmen wir als politische Flurbereinigung wahr und den Versuch der CDU, dauerhaft Posten parteipolitisch besetzen zu wollen.« Auch wenn dies bei diesem Posten unüblich sei, werde die LINKE eine Ausschreibung fordern.
Mit den ebenfalls oppositionellen Freien Wählern stimme man sich in der Parlamentsarbeit ab, bestätigten beide Politiker. Nicht aber mit der AfD. Auf die Frage, was geschehen werde, wenn die AfD einen Untersuchungsausschuss zur Treuhand verlangt - und mit mehr als 20 Prozent der Mandate kann sie das auf eigene Faust tun -, sagte Walter, eine Zustimmung der Linksfraktion dazu werde es nicht geben, weil man auch bei diesem Thema ganz andere Fragen habe als die AfD. »Wenn dieser Ausschuss existieren sollte, werden wir uns daran natürlich beteiligen.«
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