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Die drei von der Parkbank
Hamburg: Prozess wegen »Verabredung zu schwerer Brandstiftung« eröffnet
Sie gelten als »Die drei von der Parkbank«. Doch was so harmlos klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Am Mittwoch begann in Hamburg der Prozess gegen zwei Männer und eine Frau im Alter zwischen 27 und 31 Jahren. Während die Männer seit ihrer Festnahme am 8. Juli 2019 in Untersuchungshaft sitzen, ist die Frau unter Auflagen auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Trio vor, Anschläge gegen das Haus von Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), einer Maklerfirma sowie gegen ein Wohnungsunternehmen geplant zu haben. Als Beweise präsentierte die Anklagebehörde vier Halbliterflaschen mit Benzin sowie Zünder, Handschuhe und handelsübliche Grillanzünder.
Solidaritätsbekundungen
Diese Utensilien beschlagnahmten Zivilfahnder, als sie die drei auf einer Parkbank Sitzenden in einer Grünanlage im Stadtteil Hamburg-Eimsbüttel kontrollierten. Als wichtigstes Indiz gilt der Anklage in diesem Zusammenhang ein Zettel mit Namen und Adressen der angeblichen Anschlagsziele. Anlass der Aktion soll der zweite Jahrestag des G20-Gipfels in Hamburg 2017 gewesen sein. »Wir haben ins Herz der anarchistischen Szene gestochen«, frohlockten die Fahnder laut »Welt am Sonntag« über die Festnahme der Drei.
Als die beiden inhaftierten Männer in den Gerichtssaal geführt werden, empfängt sie lautstarker Jubel von den Zuschauerrängen. Die Mitangeklagte sitzt bereits auf ihrem Platz. Die beiden Männer wirken schmal und blass, nehmen die Solidaritätsbekundungen verhalten lächelnd zur Kenntnis. Eine große Glaswand trennt Besucher und Gerichtsgeschehen voneinander. Das kurzzeitig anwesende Fernsehteam und ein Fotoreporter werden von Zuschauern mit Buhrufen bedacht. Die Angeklagten verbergen ihre Gesichter vor den Kameras. Später rufen Besucher mehrfach: »Freiheit für alle Gefangenen!« Die vorsitzende Richterin ignoriert die Solidaritätsbekundungen, womöglich bemüht, eine Eskalation zu verhindern. Später sieht man in den Gerichtsgängen einen Polizeitrupp abziehen, der offenbar im Hintergrund auf seinen Einsatz gewartet hatte.
Großer Zuschauerandrang
Doch der Prozess muss, kaum dass er begonnen hat, unterbrochen werden. Denn obwohl es großen Andrang gibt, ist der Zuschauerraum nur zu drei Vierteln voll. Zahlreiche Zuhörer warten noch auf Einlass. Die Verteidigung moniert dies. Unter Juristen gilt fehlende Öffentlichkeit als Revisionsgrund. Später berichten Zuschauer, dass die Justizbeamten an der penibel durchgeführten Einlasskontrolle (auch Schuhe werden durchleuchtet) keine weiteren Menschen mehr in den Saal ließen, weil es offenbar nicht genügend Schränke gab, um »verbotene« Gegenstände wie etwa Handys aufzubewahren. Schließlich wird ein zusätzlicher Schrank herbeigeschafft, und auch die restlichen Besucher können nun herein.
Nach einer längeren Pause wird nur noch die Anklageschrift verlesen, weil ein Verteidiger noch im Urlaub ist. Darauf haben sich Gericht und Verteidigung vorab verständigt. Einer der beiden Staatsanwälte rattert tonlos, kaum verständlich, den Text der Schrift herunter. Deutlich wird: Den drei Beschuldigten drohen bei einer Verurteilung hohe Haftstrafen.
Doch zunächst deutet sich ein erster Konflikt an: Die Verteidigung will einen weiteren Kollegen hinzuziehen. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt. Der Prozess wird am 16. Januar fortgesetzt.
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