- Kommentare
- Libyen-Konferenz
Jeder gegen jeden
Uwe Kalbe über die Libyen-Konferenz in Berlin
Außenminister Maas scheint von Stolz erfüllt, allein, weil es zur Libyen-Konferenz am Sonntag in Berlin kommt - eine Art erweiterter UN-Sicherheitsrat. Erfolgreiche Vermittlung wäre allerdings ein Wunder. Denn bei keiner einzigen Konfliktpartei herrscht Vertrauen in die Überparteilichkeit Berlins oder der EU. Nicht nur die libyschen Kontrahenten wissen, dass hier nach Freund und Feind klar unterschieden wird. Schließlich erfüllt die »international anerkannte« Regierung in Tripolis in Kumpanei mit der EU deren Auftrag zur Flüchtlingsabwehr.
Die eigentlichen Kontrahenten sind ohnehin andere. Der türkische Präsident Erdogan hat mit dem Anführer in Tripolis schon die Gasfelder im Mittelmeer aufgeteilt; er ist dafür auch zum Krieg bereit. Berlin bringt er unter Hinweis auf das Flüchtlingsabkommen, das er jederzeit kündigen könnte, nach Belieben zum Schweigen, da braucht es kein Vertrauen. Griechenland sieht sich von Ankara düpiert und von der EU einmal mehr als Stiefkind behandelt. Es ist nicht einmal zur Konferenz eingeladen. Iran und die Golfmonarchien äugen misstrauisch nach Berlin; sie alle kochen ihr eigenes Süppchen und geraten dabei wahlweise mit der EU oder gegenseitig aneinander. Washington wiederum ist der Bückling der Europäer nicht tief genug, obwohl die soeben dem Iran mit Strafandrohungen zeigen, dass alle Beteuerungen zur Erhaltung des Atomabkommens nur so viel wert sind, wie Washington sagt. Bleibt Russland, das mit Angeboten an die EU immer wieder abgeblitzt ist und inzwischen nicht mehr fragt. Vertrauen für die Europäer? Ist auch nicht absehbar. Europa müsse endlich die »Sprache der Macht« lernen, verkündet die neue EU-Kommission.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.