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Bewertung als Immobilienskandal ist verfrüht

Beweise für krasse finanzielle Verfehlungen des Baustadtrats Florian Schmidt bei der »Diese eG« fehlen bislang

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Das kommunale Vorkaufsrecht ist ein Fall für den Landesrechnungshof. Die obersten Finanzprüfer Berlins wollen bereits in der kommenden Woche erste örtliche Erhebungen in den Bezirksämtern und Hauptverwaltungen des Senats vornehmen. »Es wird auch Prüfungen bei der ›Diese eG‹ geben«, kündigt die Präsidentin des Landesrechnungshof, Karin Klingen, an. Bei der Aktenprüfung würden Schutzinteressen gegenüber Dritten nicht gelten, hieß. Mit dieser Begründung hatte der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), vor Kurzem der SPD im Bezirk Akteneinsicht zur »Diese eG« verwehrt, woraufhin die Sozialdemokraten dem Baustadtrat Aktenmanipulation vorwarfen. Einige Politiker der rechten Opposition im Abgeordnetenhaus sprechen sogar bereits von einem »Immobilienskandal«.

Bei der »Diese eG« handelt es sich um eine eingetragene Genossenschaft, die in der jüngeren Zeit bei Grundstücks- und Häuserankäufen in verschiedenen Bezirken zum Zuge kam. Und zwar wenn ein privater Investor in einem Milieuschutzgebiet ein Wohnhaus kaufen wollte. In solchen Fällen haben die Bezirke laut Bundesrecht ein Vorkaufsrecht, für das es seit Sommer auch Förderung bei Übernahme durch Genossenschaften gibt. Beispielsweise wenn zuvor landeseigene Wohnungsbaugesellschaften einen Ankauf und somit die Rettung der betreffenden Mieterschaft in den Wohnhäusern abgelehnt haben, weil es aus ihrer Sicht nicht wirtschaftlich wäre. Damit der Milieuschutz dennoch wirkt, hat der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses im August 2019 genehmigt, dass dafür auch finanzielle Mittel aus dem sogenannten Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt fließen.

Für den Landesrechnungshof ist das Thema »Vorkäufe« angesichts der »Dynamik«, so Klingen, unterdessen bereits seit vergangenem Sommer für eine umfassende Prüfung vorgesehen gewesen. Seit Ende vergangenen Jahres hat die Behörde deshalb ein »Sonderprüfungsteam« für diese Aufgabe eingesetzt.

In diese Lage platzen nun die neuen Anschuldigungen gegen den Grünen-Baustadtrat Florian Schmidt aus Friedrichshain-Kreuzberg, dem nicht nur vorgeworfen wird, Akten in dieser Sache manipuliert zu haben, sondern unter anderem auch Verstöße gegen die Rechte der Bezirksverordneten vorgeworfen werden. Am späten Mittwochabend nahm Florian Schmidt im Hauptausschuss des Landesparlaments erneut zu den Vorwürfen Stellung.

»Die ›Diese eG konnte Häuser dem Immobilienmarkt entziehen, die sonst keine Chance auf Rettung gehabt hätten«, sagt Schmidt, gegen den inzwischen auch Strafanzeigen von CDU und FDP vorliegen. Der Baustadtrat räumt gegenüber den Abgeordneten erneut »formale Fehler« ein, für die er sich bereits entschuldigt hatte. Auch ist klar, dass dem Bezirk ein finanzieller Schaden von bis zu 300 000 Euro durch die Ankäufe entstanden sein könnte. Schmidt betont aber auch: »Es wurden keine Akten aus politischen Gründen zurückgehalten.«

Bis Mitte Februar sollen nun auch die schriftlichen Fragen vor allem der Opposition beantwortet werden. Es ist möglich, dass dadurch noch einmal neue Vorwürfe zur Umsetzung der Vorkäufe in Friedrichshain-Kreuzberg auftauchen könnten. Es kann aber auch sein, dass es das bereits war. Skandal? Fehlanzeige.

»Aus dem, was bisher nahegelegt wurde, kann ich jedenfalls die Unterstellung von Rechtswidrigkeit nicht erkennen«, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Landesparlament, Steffen Zillich. Der Hauptausschuss habe nicht ausgeschlossen, dass für Vorkäufe auch öffentliche Gelder genutzt werden können.

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Torsten Schneider, spricht an diesem Mittwochabend im Fall Florian Schmidt von einer »verfrühten« Einberufung in den Hauptausschuss. Dabei haben die Sozialdemokraten in Friedrichshain-Kreuzberg Baustadtrat Schmidt jüngst sogar ein Ultimatum gestellt. Und auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) spricht bereits von »weitreichenden, sehr schwerwiegenden Vorwürfen« gegen den von Müller als »Mini-Robin-Hood« bezeichneten Stadtrat. Müllers Parteifreund Schneider sagt dagegen: »Eine Zuschreibung grüner oder roter Filz ist mir zu unseriös - zu diesem Zeitpunkt.«

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