- Politik
- Korruptionswahrnehmungsindex
Keine Fortschritte
Deutschland unternimmt zu wenig gegen Korruption
Deutschland steigt beim Korruptionsindex von Platz elf auf Platz neun. Dennoch gibt es keinen Grund zum Jubeln. Eine positive Entwicklung ist nicht zu verzeichnen: »Nicht, weil wir jetzt besser geworden sind, sondern weil andere etwas schlechter geworden sind«, erklärte Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency International Deutschland, das vermeintlich bessere Abschneiden. Anlass war die jährliche Vorstellung des Korruptionsindex am Donnerstag in der Bundespressekonferenz.
Besser als Deutschland waren die Nachbarländer Niederlande (Rang acht), Schweiz (Rang vier) und auf dem ersten Platz Dänemark. Westeuropa schnitt insgesamt besser ab als die osteuropäischen Länder. Wie die langjährigen Diskussionen um schwarze Koffer bei der Parteispendenaffäre der CDU gezeigt haben, ist es um die korrekte Verbuchung von möglichen Bestechungsgeldern leider schlecht bestellt. Um den Korruptionswahrnehmungsindex zu ermitteln, befragt Transparency International Länderexperten und Geschäftsleute zur Wahrnehmung von Korruption.
Parteispenden und andere Skandale
Nicht nur die Debatten um die AfD-Parteispenden haben sich negativ auf die deutsche Platzierung im internationalen Ranking ausgewirkt. In Teilbereichen, wie beim Unterindex »Korruption in der Wirtschaft«, geht es deutlich bergab. Cum-Ex-Geschäfte, Dieselskandal, die geplatzte Pkw-Maut und nicht zuletzt ein Untersuchungsausschuss zur Berateraffäre bei der Bundeswehr waren die Gründe. Die Liste an Debatten, die die gefühlte Korruption vor allem in der deutschen Wirtschaft zunehmen lassen, wuchs im vergangenen Jahr deutlich. Wo im Unterindex zuletzt noch 74 und später 66 Punkte zu verzeichnen waren, sind es mittlerweile 60 geworden. Weit weg von den erreichbaren 100 Punkten.
Um Handlungsdruck aufzubauen, erstattete Transparency im Jahr 2019 Strafanzeige gegen die Bundestagsabgeordnete Karin Strenz (CDU). Gelder aus aserbaidschanischen Quellen passten nicht so Recht zu den Aufgaben der Politikerin, die als Wahlbeobachterin und Mitglied der Europadelegation des Bundestages immer wieder mit Aserbaidschan zu tun hatte. Bei kritischen Beschlüssen fiel das Abstimmungsverhalten von Strenz immer wieder auf. Der Europarat untersuchte ihr Verhalten und verhängte ein lebenslanges Hausverbot. Im Bundestag wurde gegen die Parlamentarierin indes eine Rüge ausgesprochen, die mit einer Geldstrafe von 20 000 Euro einherging. Eine Strafverfolgung aber wurde von der Staatsanwaltschaft Rostock abgelehnt.
Strafverfolgung muss sein
Bäumer plädierte daher für eine Pflicht zur Strafverfolgung. Im Strafgesetz fehle es an konkreten Vorgaben. Gegen Korruption engagiert sich neben Transparency International auch die Initiative Abgeordnetenwatch, deren Klage Ende März vor dem Verwaltungsgericht in Leipzig verhandelt wird. Bisher wird Abgeordnetenwatch der Einblick in Dokumente zur Parteienfinanzierung durch den Bundestag verwehrt.
Bäumer sieht als Schlüssel für weniger Korruption vor allem ein Lobbyregister für den Bundestag, für das sich LINKE und Grüne immer wieder einsetzen. Auch im Bereich des Hinweisgeberschutzes müsse sich noch deutlich mehr tun, um von Korruption überhaupt zu erfahren. Überfällig ist ebenfalls die Einführung eines Unternehmensstrafrechts, mit der es die Große Koalition bisher nicht eilig hatte. Der aktuelle Gesetzentwurf möchte eher »Sanktionen« als »Strafen« und soll vor allem mehr Spielraum für Strafgerichte schaffen, um gegen Großunternehmen vorzugehen. Auf kommunaler Ebene spricht aus Sicht von Bäumer nichts dagegen, dass der lokale Bauunternehmer mit im Stadtrat sitze und sich politisch engagiere. Bei Abstimmungen, die die Interessen des Unternehmers betreffen, habe dieser sich jedoch zu enthalten.
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