Das Ende der IAA ist keine Hiobsbotschaft

Roberto De Lapuente wird die Internationale Automesse nicht vermissen. Er findet in Frankfurt am Main ist sowieso viel zu viel los.

  • Roberto J. De Lapuente
  • Lesedauer: 4 Min.

Neulich stand ich etwas irritiert an einer Hauptstraße. Irgendwas war hier anders, als an anderen Orten in dieser Stadt, dachte ich mir. Langsam dämmerte es mir: Hier konnte man atmen, es gab Platz. Denn an die doppelspurige Hauptstraße schloss sich direkt ein mittelgroßer Platz an. So viel Geräumigkeit kennt man in Frankfurt gar nicht. Hier ist an sich alles sehr eng gefasst, Straßen sind hier befahrene Gassen und wenn man dann mal bei einem Spaziergang an eine Stelle gerät, wo sich links und rechts keine Hausfassaden auftürmen, wo man den Himmel sieht und Rundblick hat, fühlt man sich regelrecht befreit.

Die hessische Metropole baut von jeher in die Höhe. Die Altbauten sind quasi die Hochhäuser von früher. Das Umland war stets knapp. Bis heute hat sich das nicht verändert. Voll war die Stadt auch schon immer. Man hat ohnehin den Eindruck, sie wird stets voller. Wie jede deutsche Stadt hat auch Frankfurt in den letzten Jahren viele Neubürger begrüßen dürfen. Im Jahr 2000 gab es noch über 100.000 Frankfurter weniger. Eingemeindungen gab es in dieser Zeitspanne allerdings keine – es handelte sich also um reinen Zuzug.

Gleichzeitig gibt es heute viel mehr touristische Besucher als noch vor zehn Jahren. Knapp doppelt so viele sind es mittlerweile, fast sechs Millionen Menschen, die in einem Jahr an den Main kommen. 2018 übernachteten diese sechs Millionen Menschen mehr als zehn Millionen Nächte in der Stadt – 2004 lag die Übernachtungszahl noch unter fünf Millionen. Anders formuliert: Es kommen nicht nur mehr Menschen nach Frankfurt – sie bleiben auch länger hier.

Enge, die bedrückt

All das geht nicht spurlos am Stadtbild vorbei. Man spürt die Enge durchaus, die Straßen werden enger, der öffentliche Nahverkehr scheint jedes Jahr mehr zu verstopfen. An der neuesten städtischen Attraktion, der sogenannten neuen Altstadt, der Wiedererrichtung des historischen Altstadtkerns, spürt man das besonders. Touristengruppe um Touristengruppe wird vorgefahren, schiebt sich durch die Gassen – die Anwohner, in der Regel reiche Zeitgenossen, haben sich ihre exklusive Wohnlage sicher anders vorgestellt. Die Geschäfte ringen indes mit dem Overtourism. Die Touristen lassen wenig Geld da, dafür wollen sie jedoch ihren Harndrang loswerden – am liebsten im kleinen Café, in dem sie nichts kaufen.

Wer sich allerdings nicht beklagen kann, das ist die Hotelzunft. Jedenfalls nicht, was die Übernachtungszahlen betrifft. Das Stadtmarketing der letzten Jahre hat Frankfurt zu einem touristischen Hotspot werden lassen. Und die Hoteliers haben davon profitiert. Man hat zwar Probleme anderer Art, wie überall gilt auch hier der Personalmangel als Herausforderung - speziell im gastronomischen Segment. Aber die Massen müssen ja irgendwo schlafen.

Aber was wären Unternehmer, wenn sie nicht jammerten? Das tun die Hoteliers in der Stadt jetzt. Wegen der Internationalen Automobilausstellung (IAA), die künftig nicht mehr in der Stadt weilen wird. Man würde dem Hotelgewerbe dringend benötigte Aufträge entziehen, beklagten sie sich bei der Stadt. Die IAA besuchten im letzten Jahr 560.000 Menschen. Die meisten sicherlich aus dem Raum Frankfurt – wie viele dieser Besucher tatsächlich ein Zimmer benötigten, weiß man nicht. Die Zahlen dürften im Vergleich zur hohen Übernachtungsquote ein bisschen läppisch ausfallen.

Ohne die IAA ist Frankfurt besser dran

Seit Jahren wächst Frankfurt jetzt in dieser Beziehung. Diese vielleicht engste aller deutschen Großstädte wird Jahr für Jahr überlaufener – durchaus auf Kosten der ganz normalen Bürger, deren städtische Lebensqualität darunter leidet. Dass die IAA jetzt Geschichte sein soll, ist gar keine Hiobsbotschaft - ganz im Gegenteil: Sie stellt einen richtigen Schritt zur Gesundschrumpfung dar.

Die Tourismusströme und Übernachtungszahlen können nicht jährlich weiterwachsen. Frankfurt ist ein endlicher Raum. Insofern ist es die städtische Metapher für ein globales Problem: Es gibt Endlichkeiten und Grenzen, die eine Beharrung auf Wachstumszahlen rein nach Quantitätsaufkommen zweifelhaft macht. Insofern kann die Verbannung der IAA nur ein richtiger erster Schritt sein.

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