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- Nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen
CDU und FDP wussten um den hohen Preis
Stephan Fischer über Konsequenzen aus der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen
FDP-Chef Christian Lindner eilt nach Erfurt, die CDU-Chefin droht dem Thüringer Landesverband Konsequenzen an und die Kanzlerin nennt die Wahl von Thomas Kemmerich einen »unverzeihlichen Vorgang«, der »rückgängig« gemacht werden muss nun auch rückgängig gemacht wird – Kemmerich wird als der Thüringer Ministerpräsident mit der wohl kürzesten Amtszeit in die Geschichte eingehen. Der politische Schaden wird so oder so bleiben: Die Wähler von CDU und FDP können sich nicht mehr sicher sein, dass ihre Parteien die derzeit viel zitierten »Brandmauern« gegenüber der AfD auch wirklich ernst nehmen. Schlimmer noch: Man kann sowohl der Thüringer FDP als auch der CDU nicht einmal Dummheit unterstellen oder dass sie der AfD in irgendeiner Art »in die Falle« gelaufen wäre.
Erstens: Thomas Kemmerich hätte die Wahl am Mittwoch nicht annehmen müssen. Spätestens als der AfD-Kandidat null Stimmen erhalten hatte, war klar, dass die Rechtsaußen-Abgeordneten für ihn gestimmt haben. Zweitens: Dass so ein Manöver seitens der AfD kommen würde, lag von Anfang im Bereich des Möglichen. Schon nach der Wahl im Oktober waren Überlegungen zu verschiedenen Szenarien nicht abwegig, die auf das gestrige hinausliefen: Man könne in einer geheimen Wahl nicht verhindern, dass die AfD die Kandidaten der CDU (oder wie gestern der FDP) wählen, das würde noch keine Absprachen oder Tolerierung bedeuten.
Wie ein Orakelspruch wirkt da die Aussage des Thüringer CDU-Fraktionsvizes Michael Heym laut »Welt« vom Oktober, der sich offen für Gespräche mit der AfD zeigte und sagte: »Rechnerisch reicht es für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP. Ich finde, das sollte man nicht von vornherein ausschließen.« Und schon im November hatte Björn Höcke sowohl CDU-Fraktionschef Mike Mohring als auch Kemmerich eine Zusammenarbeit angeboten, die Kopie eines entsprechenden Briefes veröffentlichte der MDR auf seiner Website. Darin heißt es: »Aus diesem Grund biete ich Ihnen an, gemeinsam über neue Formen der Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen. Eine von unseren Parteien gemeinsam getragene Expertenregierung oder eine von meiner Partei gestützte Minderheitsregierung wären denkbare Alternativen zum «Weiter-So» unter Rot-Rot-Grün.«
Lesen Sie hier: Reaktionen auf die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen – »Dammbruch« und ein »Hauch von Weimar«.
Konservative nehmen Stimmen von Rechtsextremen in Kauf
Man muss konstatieren: Sowohl CDU und FDP in Thüringen haben das Angebot Höckes mit dem Abstimmungstrick im dritten Wahlgang nicht ausgeschlagen. Vielleicht waren einige Abgeordnete tatsächlich überrascht – wahrscheinlicher scheint, dass die »bürgerlichen« Abgeordneten nicht einmal der proklamierten Äquidistanz zu AfD und Linken folgen wollten, sondern kein Problem damit haben, sich für die Macht von Rechtsextremen wählen zu lassen, die Werte-Union lässt grüßen.
Egal, was nun folgt, der politische Schaden ist mittlerweile immens. Selbst wenn sich die Bundesparteien CDU und FDP gegenüber den Thüringer Landesverbänden durchsetzen, bleibt die Unsicherheit, ob und wie die Landesverbände vor den Brandmauern gegen den Faschismus leicht entzündliches Material lagern. Sowohl FDP und CDU müssen jetzt endgültig ihr Verhältnis zur AfD klären. Im Zweifel um den Preis, Landesverbände zu verlieren.
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