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Mehr Geld für Sozialwohnungen
Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) will die Fördersumme verdoppeln
Beim Mietendeckel wird sich Brandenburg an Berlin kein Beispiel nehmen. Dies werde »für Brandenburg kein Weg sein«, sagte Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) am vergangenen Freitag. Generelle Mietobergrenzen würde er nicht befürworten. Um das gravierende Wohnungsproblem im Berliner Umland zu lösen, setzt Beermann stattdessen auf die Wohnungsbauförderung. Er kündigte an, in einer »Wohnungsbauoffensive« die bisherigen Maßnahmen zum Bau von bezahlbaren Wohnungen noch zu erweitern.
Die öffentliche Wohnraumförderung hat laut Beermann 2019 dazu geführt, dass 738 neue und vergleichsweise preisgünstige Wohnungen entstanden. Pro Jahr 100 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Ende 2019 lagen aber Anträge für insgesamt 224 Millionen Euro vor. Für das laufende Jahr seien schon jetzt Anträge mit einem Gesamtvolumen von 150 Millionen Euro eingegangen, hieß es. Mit weiteren Begehrlichkeiten sei zu rechnen. Als ein erster Schritt soll das bisherige Bewilligungsvolumen verdoppelt werden.
Bei den Mitgliedern des Verbands der Berlin-brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU), in dem vor allem die wenig bis überhaupt nicht profitorientierten Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsgesellschaften organisiert sind, lag die durchschnittliche Nettokaltmiete Ende 2018 bei 5,07 Euro pro Quadratmeter und Monat. Das waren 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr.
Im Berliner Umland lagen die BBU-Mieten im Schnitt bei 5,58 Euro pro Monat und Quadratmeter (plus 1,8 Prozent), außerhalb des Speckgürtels bei 4,82 Euro (plus 1,3 Prozent).
In Berlin verlangten die BBU-Mitgliedsunternehmen im Schnitt 6,15 Euro nettokalt, in Potsdam 5,84 Euro.
Im Berliner Umland bewegte sich die Leerstandquote 2018 bei 2,4 Prozent, in Kleinmachnow betrug sie sogar nur 0,4 Prozent. Bei weniger als drei Prozent sprechen Experten von Wohnungsnot. Außerhalb des Speckgürtels beträgt die Leerstandsquote 10,4 Prozent und liegt teilweise noch deutlich darüber, so beispielsweise in Forst bei 27,8 Prozent und in Lauchhammer bei 30,2 Prozent. af
Ausdrücklich lobend äußerte sich Beermann über das von der rot-roten Vorgängerkoalition in Brandenburg eingeführte Wohnraumförderungsgesetz. Die Einkommensgrenzen für Wohnberechtigungsscheine sind angehoben worden. Die Bemessungsgrenzen sollen von Zeit zu Zeit angepasst werden. Die Scheine berechtigen Menschen mit geringem Einkommen, in Sozialwohnungen zu leben. Das hilft Geringverdienern, Studierenden und Lehrlingen, Behinderten und Senioren, in mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen zu ziehen, glaubt der Minister. Er will jedoch nach eigenem Bekunden nicht allein mehr Wohnungen, sondern auch qualitative Verbesserungen erreichen. Die neu und gefördert gebauten Wohnungen sollen »vielfältiger« gestaltet werden und stärker zugeschnitten werden auf Menschen mit Behinderungen, Alleinstehende, Rentner und Familien mit Kindern. Dem werde der derzeitige Wohnungsbestand nicht gerecht, hob der Minister hervor.
Die Landtagsabgeordnete Isabelle Vandré (Linke) sagte, Minister Beermann könne »die Früchte rot-roter Wohnungsbaupolitik der vergangenen Jahre ernten«. Die Ankündigung einer Wohnungsoffensive und die verheißene Verdopplung der Fördersumme für den Wohnungsbau reichen ihr aber nicht aus. »Für eine ›Offensive‹ klingt der Minister sehr vorsichtig. Eine verdoppelte Fördersumme nur ›anzustreben‹, ist zu wenig - das Geld muss auch da ankommen, wo es gebraucht wird.« Dafür fehle es dem Konzept jedoch an Genauigkeit, meint Vandré. »Wie kann das Land Modernisierungen und Instandsetzung besser fördern? Was kann es tun, um den Wohnungsunternehmen bei ihren Altschulden zu helfen? Viele Fragen - keine Antworten!« Als Berlin den Mietendeckel einführte, hatte Vandré sich dafür ausgesprochen, dies auch in Brandenburg zu tun.
Laut Statistik kann als gesichert gelten, dass die enorme Zahl an nicht mietpreisgebundenen Neubauwohnungen im Berliner Speckgürtel und vor allem in Potsdam, die in den vergangenen Jahren zu verzeichnen war, keineswegs den Anstieg der Mieten gebremst hat. Vielmehr hat sich auf diese Weise das Wohnungsangebot nahezu ausschließlich im Höchstpreisbereich vergrößert.
Das wirkt sich via Mietspiegel negativ auf die jetzt noch preiswerteren Quartiere aus. Denn mit Verweis auf gehobene Wohnlagen und Vergleichsmieten lassen sich Mieterhöhungen begründen. Als Problem kommt hinzu, dass einstmals mit öffentlicher Förderung errichtete Sozialwohnungen diesen Status nicht auf Dauer behalten. Sie können nach Ablauf einer bestimmten Frist von Jahren teurer vermietet werden. Man könne den Eigentümern nicht auf ewig zumuten, auf den Maximalgewinn zu verzichten, wird dies begründet. Beermanns Ministeramtsvorgängerin Kathrin Schneider (SPD) beklagte noch vor nicht allzu langer Zeit eine Verringerung der mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen in Brandenburg auf nunmehr 40 000. Sie nannte dies »besorgniserregend«.
Die Wohnungseigentümer machen wiederum geltend, dass sich die für den Neubau erforderlichen Baugrundstücke deutlich verteuert haben und dass Bauleistungen keineswegs zu den Preisen wie vor 10 oder 15 Jahren zu haben seien. Auch der Staat wirke mit seiner Steuer- oder Energiepolitik preistreibend.
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Während die Hauptstadt und ihr Umland immer mehr Wohnungen benötigen, gibt es in den berlinfernen Regionen Brandenburgs weiterhin ein Leerstandsproblem. Minister Beermann sagte dazu am Freitag: »Dort, wo es erforderlich ist, müssen wir weiter Leerstand beseitigen.« In den vergangenen Jahren wurden durchschnittlich 1800 Wohnungen im Jahr abgerissen, etwa 5000 sind immer noch zu viel da. Insgesamt sind in Brandenburg seit 1990 rund 75 000 Wohnungen abgerissen worden.
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