• Berlin
  • »Kein Haus Weniger«

Nach der Gala kommt der Kampf

Beim Festakt der Initiative »Kein Haus Weniger« vernetzten sich alte und neue Besetzer

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek war nicht da, auch Nina Hagen, Sookee, die Goldenen Zitronen oder andere berühmte Unterstützer*innen der Initiative »Kein Haus Weniger« aus der Kunst- und Kulturszene ließen sich nicht blicken. Bei der Gala für den Erhalt der bedrohten linken Hausprojekte, Kneipenkollektive und Jugendzentren am Sonntagabend im Festsaal Kreuzberg war trotzdem so einiges los: Bereits am frühen Abend bildeten sich lange Schlangen vor dem Eingang, mit rund 650 Gästen war die Veranstaltung gut besucht. Viel wichtiger als die Prominenten waren den Veranstalter*innen ohnehin die 20 »Ehrengäste«, die der Einladung der Berliner Obdachlosenhilfe gefolgt waren.

Mit der Autorin und Theaterschauspielerin Luise Meier war zumindest eine der mehr als 70 Künstler*innen vertreten, die die Forderungen der Initiative - Bestandschutz für soziale und kulturelle Projekte, Aussetzung von Zwangsräumungen, Straffreiheit für Besetzer*innen - unterstützen. »Wir brauchen Räume, in denen wir ausprobieren und lernen können, dass es auch anders geht, als die kapitalistische Normalität uns glauben machen will«, so die Autorin des postmarxistischen Buchs »MRX Maschine«. »Ich träume von einer Stadt, in der jeder Laden ein Kollektiv und jedes Restaurant eine Küfa (Küche für alle, Anm. d. Redaktion) ist.«

Dass Berlin davon noch weit entfernt ist, zeigen die Geschichten der bedrohten Projekte, die an diesem Abend erzählt wurden. »In den letzten fünf Jahren wurden wir von einem Investor zum nächsten gereicht«, berichtet Paul vom »Potse«-Kollektiv. Bis den beiden ältesten selbstverwalteten Jugendzentren Berlins, »Potse« und »Drugstore«, Ende 2018 der Mietvertrag gekündigt wurde. Statt Proberäumen und Punkkonzerten sollte es dort Co-Working-Spaces geben. Der »Drugstore« ging und zählte auf das Versprechen des Bezirks für alternative Räumlichkeiten, die »Potse« blieb. »Wir vertrauen dem Bezirk und dem Land nicht, dass sie neue Räume für uns finden«, erklärt Paul. Nicht ganz zu Unrecht: Der »Drugstore« hat bis heute keine Räume erhalten, ebenso wenig wie die »Potse«, deren Räumungsprozess am 10. Juni entschieden werden soll.

Damit sind die Jugendlichen nicht allein. Im Nebenraum der Konzerthalle informieren Tafeln über das Schicksal anderer besetzter Projekte: So hat die Neuköllner Kiezkneipe »Syndikat« ihren Räumungstitel bereits im November erhalten, für das linke Hausprojekt »Liebig34« wird es am 30. April eine Entscheidung geben, für das Kreuzberger Kneipenkollektiv »Meuterei« am 18. März. »Unsere Szene wird als Kulisse missbraucht, um den Ausverkauf der Stadt weiter voranzutreiben. Wir sind nicht euer Disneyland!«, stellt ein Sänger des »Rattenchors« klar, bevor dieser anfängt, satirisch umgedichtete Popsongs zu trällern. Überhaupt ist das musikalische Spektrum an diesem Abend breit gefächert: Von Hip-Hop über Singer-Songwriter bis zu Punk ist alles dabei. Bei Küfa und Kuchen können die Besucher*innen zudem Theaterperformances erleben oder sich ihr Traumhaus malen.

Mitorganisatorin Sarah Waterfeld vom Künstler*innenkollektiv »Staub zu Glitzer« empfängt an der Kasse auch am späten Abend noch jede Menge Besucher*innen. »Es waren superviele unterschiedliche Leute da«, freut sie sich. »Es ging heute darum, sich erst einmal kennenzulernen.« Dabei soll es nicht bleiben: »Wir haben einen politischen Kampf angekündigt, und den wird es auch geben«, so Waterfeld. Dafür solle es »kleinere und größere Aktionen«, aber auch Gespräche mit der Politik geben. Der nächste Schritt sei nun, eine Art Besetzer*innenrat einzurichten. »Wir müssen ein handlungsfähiges Bündnis aufbauen«, sagt Waterfeld. Die Gala war dafür nur der erste Schritt.

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