- Politik
- Flucht und Migration nach Europa
Griechische Marine nimmt Migranten auf - um sie auszuweisen
Hilfswerke fordern Bundesregierung zur Aufnahme von Flüchtlingen auf
Athen. Ein Schiff der griechischen Marine hat am Mittwoch die Insel Lesbos erreicht, um Hunderte Migranten an Bord zu nehmen. Die rund 400 Betroffenen, die ab dem 1. März die Ostägäis-Insel von der Türkei aus erreichten, sollen zunächst an Bord des Schiffes bleiben, dann in ein geschlossenes Camp auf dem Festland gebracht und anschließend in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden, sagte ein Offizier der Küstenwache am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Auch auf anderen Inseln im Osten der Ägäis würden die neu Angekommenen zwecks Ausweisung festgehalten. Damit setzt Athen seine Entscheidung in die Tat um, Asylanträge neuer Migranten nicht zu bearbeiten und sie so schnell wie möglich auszuweisen.
Nach Öffnung der türkischen Grenzen am 29. Februar hatten allein vergangenes Wochenende mehr als 900 Migranten aus der Türkei zu den griechischen Inseln Lesbos, Chios und Samos sowie kleineren Eilanden übergesetzt. Am Montag waren mehr als 600 Menschen hinzugekommen, wie das Migrationsministerium in Athen mitteilte. Wegen stürmischer Winde seien in der Nacht zum Mittwoch keine Migranten auf Lesbos angekommen, teilte ein Küstenwache-Offizier auf der Insel mit.
Neue Unruhen an türkisch-griechischer Grenze
Erneut ist es am Mittwochmorgen zu Unruhen an der griechisch-türkischen Grenze im Nordosten Griechenlands gekommen. Fernsehbilder zeigten von der griechischen Seite aus, wie hinter dem Grenzzaun Hunderte Menschen nach einem Durchkommen suchten. Die griechische Polizei setzte Tränengas ein, auch von Seite der Migranten wurden solche Geschosse über den Zaun geworden. Griechische Sicherheitskräfte hatten immer wieder gesagt, dass Migranten auf der türkischen Seite mit Tränengas ausgestattet seien. Der griechische Sender Skai berichtete, auf der türkischen Seite warteten rund 12.500 Menschen auf die Möglichkeit, die Grenze zu überwinden.
Hilfswerke fordern Regierung zu Flüchtlingsaufnahme auf
Angesichts der Lage der Flüchtlinge auf den ostägäischen Inseln und an der griechisch-türkischen Landgrenze fordert das Kinderhilfswerk terre des hommes die Bundesregierung dringend auf, in einem ersten Schritt 5.000 besonders schutzbedürftige Menschen aufzunehmen. »Ferner muss die Bundesregierung darauf dringen, dass sich möglichst viele EU-Mitglieder diesem Aufnahmeprogramm anschließen«, heißt es in einem Appell, über den die »Neue Osnabrücker Zeitung« (Mittwoch) berichtete.
Birte Kötter aus dem Vorstand des Hilfswerks sagte der Zeitung: »Anstatt den schäbigen EU-Türkei-Deal fortzusetzen und die EU-Grenzen gewaltsam gegen Menschen auf der Flucht abzuschotten, muss die Bundesregierung die Initiative ergreifen.« Deutschland dürfe nicht darauf warten, dass sich alle 27 EU-Mitgliedstaaten auf ein einheitliches Vorgehen einigen. Viele deutsche Städte und Kommunen, in denen Menschen bereit seien, Flüchtlinge aufzunehmen und zu betreuen, warteten auf ein humanitäres Signal.
In den Aufnahmelagern der ostägäischen Inseln befinden sich nach Angaben der Regierung Griechenlands rund 42.000 Flüchtlinge, »davon etwa die Hälfte Minderjährige«, sagte Kötter. Die Camps seien hoffnungslos überbelegt: »Die hygienischen Verhältnisse spotten jeder Beschreibung.« Außerdem gebe es nicht genug zu essen. Viele schwer traumatisierte Kinder leben dem Hilfswerk zufolge ungeschützt unter aufgeweichten Zeltplanen.
Auch Marie von Manteuffel, Flucht- und Migrationsexpertin von »Ärzte ohne Grenzen« Deutschland, forderte, die Bundesregierung müsse endlich für eine Lösung eintreten, die zuallererst Menschenleben respektiere und schütze. Sie sprach sich ebenfalls für eine schnelle Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland aus und betonte: »Es geht in einem ersten Schritt um mehr als 140 Kinder und ihre Familien.« Diese litten unter chronischen und komplexen Krankheiten, die auf den Inseln nicht behandelt werden könnten, wie Epilepsie und Herzerkrankungen. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.