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Ökonomen fordern mehr Geld
Kanzlerin für Lockerung der schwarzen Null offen
Berlin. Führende Ökonomen haben an die Bundesregierung appelliert, im Zuge der Coronavirus-Epidemie weitere Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft zu ergreifen und dafür auch von der schwarzen Null Abstand zu nehmen. Gleichzeitig warnten sie, dass der Höhepunkt an Produktionsausfällen noch bevorstehe. Wegen der Absage von Messen, Reisen und Veranstaltungen bis in den Mai hinein und Produktionsausfällen in der Industrie halten die Ökonomen eine gesamtwirtschaftliche Rezession im ersten Halbjahr für wahrscheinlich.
Aus ökonomischer Perspektive sei die Situation »eine große Gefahr«, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger am Mittwoch in Berlin. Für die Politik komme es nun darauf an, zu kommunizieren, »dass sie in der Lage ist, die wirtschaftlichen Folgen der Krise effektiv einzudämmen«.
Zwar lobten die Ökonomen ausdrücklich die bereits vom Koalitionsausschuss beschlossenen Maßnahmen zum Kurzarbeitergeld. Gelänge es, Unternehmenspleiten und Entlassungen so zu verhindern, sei die Chance gut, dass sich die Konjunktur nach Abflauen der Infektionswelle schnell wieder fange und ausgefallene Produktion nachgeholt werde.
Zugleich mahnten die Forscher in einem 15-seitigen Papier, »bereits jetzt« seien weitergehende Schritte erforderlich. Vermieden werden müssen demnach vor allem Liquiditätsengpässe bei Unternehmen, die beispielsweise durch fehlende Teile unter Produktionsunterbrechungen leiden. Geeignetes Instrument hierfür sei etwa die zinsfreie Stundung von Steuervoraus- und nachzahlungen. Ziel müsse sein, »rasch und unbürokratisch dafür zu sorgen, dass die Corona-Krise nicht zu einer Insolvenzwelle für die deutsche Wirtschaft führt«. Außerdem sprechen sich die Volkswirte für ein Vorziehen des bislang für Anfang 2021 geplanten Abbaus des Solidaritätszuschlages auf Juli aus. Dies sei auch aus »psychologischen Gründen« zu begrüßen - denn dies erhöhe unmittelbar die verfügbaren Einkommen weiter Teile der Bevölkerung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich derweil offen dafür, das Prinzip der schwarzen Null im Bundeshaushalt zu vernachlässigen. Ihre Priorität auf der Bekämpfung des Virus liege. Erst »am Ende« werde geschaut, »was bedeutet das für unseren Haushalt«, sagte sie. AFP/nd
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