Gefahr in Verzug

Uwe Kalbe zu vertraulichen Daten, die Deutschland nicht schützte

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Es hört sich an wie aus einem Thriller: Türkische Behörden greifen einen Mann, den sie der Spionage anklagen. Der ist Vertrauensanwalt, er überprüft im Auftrag Deutschlands Angaben auf ihre Richtigkeit, die türkische Flüchtlinge gemacht haben, um Asyl zu erhalten. Ein Füllhorn für jede türkische Behörde, die Belege für politischen Widerstand im eigenen Land sucht. Unausweichlich für das Drehbuch dieses Thrillers ist deshalb: Selbst eine noch so weiße Weste könnte den Mann nicht schützen, weil die begehrten Informationen einfach zu wertvoll sind. Es gibt keinen Grund, angesichts Zehntausender Verhaftungen, Verfahren und Verurteilungen zu glauben, dass die Realität ein solches Drehbuch nicht zu schreiben imstande wäre.

Es sind die Daten, die den Fall zum Thriller machen. Deutschland will nur Belege des Widerstands als Grundlage für ein Asyl akzeptieren. Die Türkei braucht genau sie, um ihre Gegner zu identifizieren. Ob Hunderte oder Tausende Menschen, über die nun spekuliert wird - sie alle sind in Gefahr, wenn sie es nicht schon vorher waren. Ihnen nicht Schutz in Deutschland zu gewähren, wäre verantwortungslos, ein staatliches Verbrechen. Bisher wurden gerade einmal 448 Betroffene über die Gefahr informiert, die ihnen droht. Vermutlich ein Bruchteil der realen Zahl. Unaufschiebbar ist: Nachdem Deutschland ihre Daten nicht schützte, muss es nun den Betroffenen Schutz gewähren.

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