Olivgrüne Ausgangsperre?

Die Bundeswehr könnte zur Überwachung behördlicher Restrirktionen eingesetzt werden

Das Coronavirus legt schon jetzt weite Teile des öffentlichen Lebens in Deutschland lahm. Um die Ausbreitung der gefährlichen Lungenkrankheit zu verhindern, wird immer öfter eine Maßnahme in Erwägung gezogen: eine Ausgangsprerre. In Italien, Frankreich und anderen Ländern sind Maßnahmen wie diese bereits in Kraft. Und Deutschland macht es diesen Ländern gleich: Ab Samstag soll es in Freiburg nur noch möglich sein, sich allein, zu zweit oder mit Personen, die im eigenen Haushalt lebten, im Freien aufzuhalten. Auch im bayerischen Mitterteich, in Teilen des Landkreises Wunsiedel sowie im Landkreis Tirschenreuth wurden Ausgangssperren verhängt.

Es scheint nur noch eine Sache von Tagen, bis andere Bundesländer nachziehen. Wer dann wann noch das Haus verlassen darf, ist aktuell nicht abzusehen. Ebenso offen ist, wer diese Restriktionen durchsetzen und überwachen soll. Ein Name ist in diesem Zusammenhang in den vergangenen Tagen mehrfach genannt worden: die Bundeswehr. Patrouillieren also in den kommenden Wochen Soldaten in den Straßen auf der Suche nach Menschen, die sich nicht an die Anweisungen der Behörden halten wollen?

Der Einsatz der Truppe im Inland ist ein Traum, den konservative Hardliner schon seit geraumer Zeit träumen. Mit jeder Terrorwahrnung seit den Anschlägen auf das US-amerikanische Word Trade Center 2001 wurden diese Stimmen lauter. Vergessen wird dabei mitunter: Der Einsatz der Bundeswehr im Innern ist schon jetzt möglich - und er fand in jüngster Vergangenheit mehrfach statt. Zum Beispiel bei der Katastrophenhilfe. Man erinnere sich an das sogenannte »Jahrhunderhochwasser« 2002 der Elbe. Das Technische Hilfswerk war damals überfordert, die Landkreise und Kommunen ebenfalls. Die Bundeswehr kommandierte tausende Soldaten zum Sandsäckestapeln ab, um die Überflutung zu stoppen.

Ein »besonders schwerer Unglücksfall« macht ebenso den Einsatz der Truppe im Inneren möglich. Dafür allerdings hat das Bundesverfassungsgericht 2012 die Hürden ziemlich hoch gelegt. Es müsse sich um eine »ungewöhnliche Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes« handeln. Zweifelsohne ist die Ausbreitung des Coronavirus eine Situation, die die Bundesrepublik in dieser Form noch nicht gesehen hat. Der Katastrophenfall ist bisher nur in einzelnen Landkreisen ausgerufen worden. Ob das bald auch bundesweit kommt, ist derzeit unklar.

Ein Militäreinsatz ist übrigens auch im Fall des »inneren Notstandes« möglich. Dafür muss unter anderem eine »Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung« vorliegen. Hinzu kommt, dass in solch einem Fall die Polizeikräfte von Bund und Ländern an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen sein müssen.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) machte am Donnerstag deutlich, dass man sich in ihrem Ministerium darauf einstelle, umfassende Hilfs- und Unterstützungsleistungen zur Verfügung zu stellen. Dafür würden die Streitkräfte auch Reservisten mobilisieren, kündigte sie an. Dies gelte zunächst vor allem für den Sanitätsdienst, grundsätzlich aber auch für andere Bereiche. Bisherige Aktivitäten der Truppe beschränken sich auf Hilfsmaßnahmen wie Essensausgabe in Autobahnstaus im Rahmen der Amtshilfe.

Unterdessen hat das Land Thüringen die Bundeswehr gebeten, in einer Unterkunft für Asylbewerber in Suhl tätig zu werden, deren Bewohner unter Quarantäne stehen. Die Polizei hatte Anfang der Woche 22 Männer aus der Landeserstaufnahmestelle wegen Widerstands gegen die Isolationsbestimmungen verlegt. Die mutmaßlichen Störer hätten sich in den vergangenen Tagen in grober Weise den getroffenen Quarantäne-Anordnungen widersetzt, hieß es.

Es ist also nicht sehr unwahrscheinlich, dass die Bundeswehr polizeiliche Aufgaben übernimmt. Damit hätte sie sich endgültig von dem entfernt, als das sie 1955 gegründet wurde: als eine Verteidigungsarmee.

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