• Politik
  • Corona im Mittleren Osten

Corona achtet nicht auf Sanktionen

Länder wie Syrien und Iran kämpfen an zwei Fronten gegen das Virus

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.

Internationale und private Hilfsorganisationen stellen den Schwächsten der Schwachen Hilfe in Aussicht und konkurrieren auf dem internationalen Spendenmarkt. Angesichts der großen Herausforderungen ruft der Generalsekretär der Vereinten Nationen zu einem weltweiten Waffenstillstand auf. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte fordert, die Sanktionen gegen Länder zu lockern, die schwer mit der Infektionskrankheit Covid-19 zu kämpfen haben.

In einem gemeinsamen Brief an den UN-Generalsekretär Antonio Guterrez forderten die UN-Botschafter von Russland, China, Nordkorea, Iran, Syrien, Venezuela und Nicaragua die sofortige Aufhebung der wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen ihre Länder: Die ganze Welt sei von der Krankheit betroffen, alle Länder müssten die gleichen Chancen haben, gegen die Krankheit vorzugehen und miteinander zu kooperieren.

Besonders betroffen ist der Iran, der seit 1979 unter US-Sanktionen leidet. Mit dem US-Ausstieg aus dem gemeinsamen Atomabkommen Anfang 2018 verschärfte US-Präsident Donald Trump die Lage. Vereinbarte Lockerungen der Sanktionen traten nicht in Kraft. Stattdessen kündigte Trump an, den Ölexport des Iran »auf Null zu drücken«. Mit weitreichenden Finanzsanktionen, die Ende 2019 in Kraft traten, solle der Iran zudem ökonomisch isoliert werden, so die US-Administration.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Teheran am Mittwoch sind 2077 Menschen an der Infektionskrankheit gestorben, darunter auch 50 Ärzte. Mehr als 27 000 Menschen sind mit der Krankheit infiziert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schickte 7,5 Tonnen medizinischer Hilfsgüter, darunter Tests und Schutzkleidung für Ärzte und Krankenpersonal.

Auch Syrien und der Libanon leiden unter US-Sanktionen. Die Ökonomie beider Länder ist eng miteinander verbunden, der ökonomische und finanzielle Druck von US- und EU-Sanktionen gegen Syrien - was insbesondere die US-Dollar und andere ausländische Devisenreserven betrifft - wirken sich auch auf den Libanon aus.

Im Libanon waren die ersten Krankheitsfälle Anfang März registriert, am 15. März wurden der Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre verhängt. Schulen und Universitäten, Restaurants und Cafés, Häfen, Grenzen und der einzige Flughafen des Landes wurden geschlossen. Am Mittwoch wurde die Zahl der Erkrankungen vom Gesundheitsministerium mit 333 angegeben, sechs Personen sind bisher gestorben. Am Donnerstag verlängerte der libanesische Verteidigungsrat unter Vorsitz von Präsident Michel Aoun die Ausgangssperre um weitere 14 Tage bis zum 12. April.

Syrien unterliegt seit 2011 zusätzlich zu den US-Sanktionen einer langen Liste vom Europarat verhängter wirtschaftlicher Strafmaßnahmen. Aufgrund von neun Jahren Krieg und der Vertreibung von Millionen von Menschen sind die Lebensverhältnisse prekär. Das Gesundheitssystem bewegt sich seit Jahren am Limit, dem Land fehlt es an gut geschultem medizinischem Personal. Rund 70 000 Ärzte und Fachkräfte haben das Land verlassen.

Seit Mitte März sind Schulen und Universitäten, Kindergärten, Restaurants und Cafés geschlossen. Für die Bevölkerung in allen Provinzen des Landes wurde eine nächtliche Ausgangssperre von 18 Uhr bis 6 Uhr verhängt. Die Grenzen zu den Nachbarländern Jordanien und Libanon wurden geschlossen, der private und staatliche Transport wurde - bis auf lebensnotwendige Güter - eingestellt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gibt es fünf bestätigte Infektionen mit dem Corona Virus. In Zabadani wurde ein Spezialkrankenhaus für Notfälle geöffnet, bei Al Dweir außerhalb von Damaskus gibt es ein Quarantänezentrum.

In den Gebieten im Norden und Osten des Landes, die nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werden, kümmern sich die »Weißhelme« oder die kurdisch geführten »Syrischen Demokratischen Kräfte« um die Gesundheitssituation. Unterstützung erhalten sie dabei von der Weltgesundheitsorganisation.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.