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Ein Leben in vollen Zügen
Schachgroßmeister Wolfgang Uhlmann aus Dresden wird 85
Wie viele Partien er gespielt hat, weiß Wolfgang Uhlmann nicht genau. Er schätzt 15 000. Da sind seine Worte, »Schach ist mein Leben«, keine Übertreibung. Für den gebürtigen Dresdner gelten sie umso mehr. Als Sechsjähriger bewegte er die ersten Figuren – wenn sein Vater in der eigenen Bäckerei mit seinem Onkel spielte. Nach Kriegsende erkrankte er an Tuberkulose: Der anderthalbjährige Aufenthalt im Sanatorium wurde zum Schachstudium. »Das war der Start«, erinnert sich Uhlmann. Danach flog er »wie eine Rakete« zum Erfolg. Er feierte große Siege, darunter fünf gegen verschiedene Weltmeister. Seine beste Platzierung in der Weltrangliste war Rang acht.
An diesem Sonntag gibt es wieder etwas zu feiern – der immer noch beim USV TU Dresden aktive Wolfgang Uhlmann wird 85 Jahre alt. Die Geburtstagsrunde wird ob der Coronakrise nicht ganz so groß werden. Aber die Familie war für ihn schon immer das Wichtigste. Als ihm der Weltverband 1959 den Titel des Großmeisters verlieh, eröffneten sich für ihn ganz neue Perspektiven. Er durfte reisen, auch ins westliche Ausland – weil die Veranstalter für Großmeister alle Kosten übernahmen. Das war für die DDR-Sportführung ein wichtiges Argument. »Leise Angebote, in westlichen Ländern zu verweilen«, waren für Uhlmann aber nie interessant. Familie, Frau, zwei Kinder und den Freundeskreis in Dresden wollte er nicht verlieren.
Dass er Privilegien genoss, hat Wolfgang Uhlmann nie bestritten. Im erlernten Beruf des Buchdruckers hat er nie gearbeitet. Er war Schachprofi. Und hauptamtlicher Trainer – »mit einem Gehalt, das dem eines Ingenieurs entsprach.« Einen großen Bruch gab es aber auch in seiner Karriere. Nach dem »scheußlichen Beschluss«, in der DDR nur noch olympische Sportarten zu fördern, war auch ihm ab 1974 die Teilnahme an Weltmeisterschaften und Schacholympiaden untersagt. Einige internationale Turniere durfte Uhlmann dennoch spielen. Weil er einer der Weltbesten war. Und ein Star der Szene: Seine Veröffentlichungen zur Französischen Verteidigung gehören noch heute zur Standardliteratur.
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