Aufstieg ohne Gewähr

Das Krisenmanagement der Bundesregierung beschert der CDU ein Umfragehoch

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 4 Min.

Armin Laschet, Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, und Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister - am Dienstag traten beide in Düsseldorf gemeinsam vor die Presse. Diese war vor allem virtuell versammelt, saß also an Bildschirmen, während sich beide CDU-Politiker nacheinander vor die Kamera schoben oder Platz machten. Ihre Botschaft lautete: Verlasst euch auf uns. Und: Hört auf uns, denn wir wissen, was zu tun ist.

Die Coronapandemie ist eine außergewöhnliche Herausforderung. Jetzt zeigen sich Fähigkeiten wie Krisenmanagement und Übersicht, Verantwortung und Entscheidungsfreude. Natürlich werden am Ende Fakten darüber entscheiden, wie gut die Politik ihre Arbeit getan hat, und es werden harte Fakten sein. Doch misst man es an den Umfragewerten, macht die Regierungspolitik ihre Arbeit gerade recht gut. Die Union verbucht Zustimmungswerte wie zwei Jahre lang nicht, seit Anfang März legte sie im ZDF-Politbarometer sieben Prozentpunkte auf 33 Prozent zu. Die SPD hingegen kriegt von diesem Zuspruch nichts ab, im Gegenteil verlor sie einen weiteren Punkt. Sie liegt bei 15 Prozent. Warum die CDU?

Im Allgemeinen wird die Bewertung der Parteien mit dem Agieren ihrer führenden Akteure begründet. Entscheidend ist hier die öffentliche, also die mediale Bewertung. Bundeskanzlerin Angela Merkel erfährt derzeit ungebrochene Zustimmung, ihr Regierungshandeln im Homeoffice wird auch von Medien wohlwollend beobachtet, für die ein vorzeitiger Rücktritt Merkels wegen ihres angeblich vorzeitigen inneren Rückzugs längst unausweichlich war.

Mit Jens Spahn und Armin Laschet standen am Dienstag auch zwei CDU-Politiker vor der Kamera, die im Kampf um den künftigen Vorsitz ihrer Partei ein Team gebildet hatten. Dies spielte in der Pressekonferenz keine Rolle, und keiner von beiden hätte sich dazu hinreißen lassen, einen Zusammenhang herzustellen. Doch dass politische Ambitionen im aktuellen Krisenmanagement gar keine Rolle spielen, mag man nicht glauben. Im Februar erst hatte sich Jens Spahn als Stellvertreter eines künftigen Parteichefs Laschet präsentiert und damit diesem untergeordnet. Am Dienstag fiel es Armin Laschet jedoch schwer, mit dem selbstbewussten und professionellen Spahn mitzuhalten. Ein Kräftemessen stand nicht zur Debatte, aber in diesen Zeiten das Steuer herumzureißen, ist ein Anspruch, der zugleich Führungsaufgabe ist. Sie setzt auch im allgemeinen Verständnis voraus, dass man das Steuer in die Hand nehmen muss.

Entschlossenheit zählt jetzt doppelt. Als Zeichen von Führungsstärke und von Kompetenz. Obwohl es Letzteres natürlich nicht unbedingt bedeutet. So kam es - anders als von Armin Laschet geplant - am Mittwoch nicht zur Blitzverabschiedung eines Epidemiegesetzes in Nordrhein-Westfalen. Obwohl dieses geradezu die Materialisierung der Entschlossenheit des Ministerpräsidenten darstellte. Unter anderem sollte es eine Dienstverpflichtung von Ärzten und anderem medizinischen Personal erlauben und der Landesregierung besondere Durchgriffsrechte einräumen. Die Opposition spielte nicht mit - verfassungsrechtlich bedenklich und handwerklich fehlerhaft, so lautete das Urteil von verschiedenen Seiten. Nun muss Laschet über eine abgemilderte Form verhandeln.

Er werde in diesen Zeiten keinesfalls Beschlüsse ohne die Opposition im Landtag durchsetzen, beteuerte Laschet mit Blick auf seine karge Einstimmenmehrheit im Landesparlament. Dabei hat auch Jens Spahn gerade erst einen Rückzieher machen müssen, als er zur großflächigen Identifizierung von Corona-Infizierten eine Tracking-App durchsetzen wollte. Dem Datenschutz ordnete er sich eilig unter. Doch gleichzeitig beharrte Spahn auf dem Nutzen einer elektronischen Verfolgung von Infektionsketten. Und inzwischen scheint er damit durchzudringen. Unter bestimmten Voraussetzungen wie Freiwilligkeit könnte die App bald kommen.

Das Glück des Tüchtigen oder Einsicht der Kritiker Spahns in eine Notwendigkeit? Sicher ist, dass Unionspolitiker derzeit das Wort führen, auch wenn sie sich zuweilen korrigieren müssen. Steigende Umfragewerte sind die Quittung eines letztlich hilflosen Bürgers hierfür. Dass der sein Urteil rasch ändert, wissen die Beteiligten. Noch ist der Ausgang der Krise ungewiss, noch steht Deutschland einigermaßen gut da im Vergleich. Wenn sich dies ändert, sind Umfragen schnell Makulatur.

Wer jetzt an der Spitze steht, profitiert von jedem Schimmer an Zuversicht, von jedem Aufatmen der Menschen. Und wird für jede Enttäuschung bestraft werden. Dass dies derzeit offenbar nicht auch für den kleineren Koalitionspartner gilt, ist ein Jammer für die SPD. Doch nichts kann derzeit als gewiss gelten. Das weiß auch Friedrich Merz, der wie der dritte Kandidat für den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen, derzeit in den Hintergrund getreten ist. Die Zeit kommt, dass die Wirtschaft gegen Auflagen und Einschränkungen rebelliert; dann dürfte Merz seine Chance suchen, verlorenes Terrain im Kampf gegen seine Kontrahenten aufzuholen.

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