Tierische Quellen

Auch das neue Coronavirus stammt ursprünglich wohl von Fledermäusen

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei rund 1,2 Millionen Menschen weltweit wurde inzwischen eine Infektion mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV2 nachgewiesen, 64 000 davon starben daran. In China, wo das Virus sich ab Ende vergangenen Jahres zuerst ausgebreitet hatte, wurde das Virus ziemlich schnell genetisch analysiert. Doch woher der Erreger ursprünglich kam, darüber gibt es noch längst keine Gewissheit.

Fledermäuse übertrugen das Virus wohl nicht auf Menschen

Bekannt ist spätestens seit der ersten Sars-Pandemie von 2003, dass Fledermäuse Träger einer großen Vielfalt von Viren sind. Ein Team von Forschern aus den USA, Großbritannien und Australien hat sich deshalb die genetischen Informationen von Coronaviren aus Fledermäusen und aus nach China geschmuggelten gewilderten Malayischen Pangolinen genauer angesehen. Wie sie im Fachjournal »Nature« berichten, fanden sie in den in Ost- und Südostasien sehr häufigen Java-Hufeisennasen ein Virus, das genetisch zu 96 Prozent mit dem Coronavirus übereinstimmt. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Die Gene, die für das Andocken an Wirtszellen verantwortlich sind, unterscheiden sich so, dass das Fledermaus-Virus einen Menschen nur schlecht infizieren könnte. Für den Sprung zum Menschen musste sich das Virus verändern. Die Autoren vergleichen die nötigen Mutationen mit denen bei Influenzaviren von Vögeln. Die verändern sich sowohl in Zellkulturen als auch in verschiedenen Tieren manchmal so weit, dass sie auch von Mensch zu Mensch anstecken können.

Eine ähnliche Evolution findet offenbar auch bei Coronaviren statt, wenn sie Gelegenheit haben, auf mehrere Tierarten überzuspringen, wie auf Lebendtiermärkten in China und Südostasien. Tatsächlich zeigten die Gene für das Andocken an die Wirtszellen bei den in Pangolinen gefundenen Coronaviren eine größere Ähnlichkeit zu Sars-CoV2 als bei den Fledermausviren, wie ein weiteres Team um Yi Guan von der Universität Hongkong nachwies.

Corona sprang Ende 2019 auf den Menschen

Anhand der Unterschiede zwischen Sars-CoV2 und den ähnlichsten Viren aus Fledermäusen und Pangolinen errechneten die Wissenschaftler, dass Sars-CoV2 Ende November/Anfang Dezember 2019 erstmals Menschen infiziert haben müsste, was zu den nachträglich gefundenen ersten Fällen passen würde. Allerdings liefert die Untersuchung des Teams um Kristian Andersen vom Scripps Research Institute in La Jolla in Kalifornien keinen Beleg, dass die in ihrem Bestand stark gefährdeten Pangoline das letzte Bindeglied zwischen Fledermaus und Mensch bei der Entstehung des aktuell grassierenden Virus ist. Der Biologe Stefan Prost vom Senckenberg Museum Frankfurt (Main) warnt deshalb gegenüber dem ORF vor voreiligen Schlüssen.

Auch bei den früheren Ausbrüchen von Corona-Infektionen beim Menschen - Sars und Mers (2012) - spielten andere Tiere als Zwischenwirt eine Rolle. Letzte Gewissheit, wie die verdächtigten Zibetkatzen (Sars) oder Kamele (Mers) sich bei Fledermäusen angesteckt haben könnten, gab es damals allerdings nicht.

Eines scheint für Andersens Team immerhin gewiss: Die Ähnlichkeit der tierischen Erreger mit dem menschlichen Virus sprechen gegen einen Ursprung in Labors.

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