- Politik
- Seebrücke und Unteilbar
Aktionstag für Aufnahme von Flüchtlingen
Trotz Verbots bundesweiter Kundgebungen / Gutachten kritisiert Abschottung in Griechenland
Trotz Corona-bedingter Verbote fanden am Sonntag in mehreren deutschen Städten Aktionen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus griechischen Lagern statt. Zahlreiche Organisationen und Bewegungen, darunter »Seebrücke«, »Unteilbar«, »Fridays for Future« und »Ende Gelände«, hatten zu dem bundesweiten Aktionstag unter dem Motto »Wir hinterlassen Spuren - Leave no one behind« (Lass niemanden zurück) aufgerufen.
Demonstranten malten in Dutzenden Städten - meist unter Wahrung des Sicherheitsabstandes und mit Atemmasken - mit Kreide Parolen auf die Straßen, hängten Plakate und Transparente auf oder stellten symbolisch leere Schuhe auf öffentliche Plätze. Die vielfältigen und kreativen Aktionen dauerten bis zum frühen Abend an.
In Berlin und Hamburg hatten die Veranstalter gegen die Verbote geklagt, jedoch vor Gericht kein Recht bekommen. Die verantwortlichen Gruppen riefen daraufhin ihre Anhänger zu »individuellen Spaziergängen« auf. Polizisten lösten in den meisten Städten die Versammlungen rasch auf. Im Zuge der Einsätze verteilten sie Platzverweise, nahmen Personalien auf und sammelten Protestmaterialien der Demonstranten ein. Journalisten berichteten, dass Beamte auch ihre Daten erfassten.
Kritik an den Zuständen in den griechischen Flüchtlingslagern war auch von anderer Seite zu vernehmen: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam in einem von der Linke-Abgeordneten Ulla Jelpke angeforderten Gutachten am Wochenende zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Abschottungspraxis Griechenlands gegen das Völkerrecht verstößt. Das betreffe sowohl die hermetische und gewaltsame Abschottung gegenüber Schutzsuchenden, die keine Chance erhielten, ein Asylgesuch geltend zu machen, als auch die Aussetzung des Asylrechts. »Es ist unerträglich, dass die EU-Kommission und die Bundesregierung dem völkerrechtswidrigen Treiben Griechenlands öffentlich Beifall gespendet haben, statt die konsequente Einhaltung der Menschenrechte einzufordern, wie sie es sonst immer tun«, erklärte Jelpke zu dem Gutachten. Jüngst wurde in Griechenland ein zweites Flüchtlingslager wegen eines Coronavirus-Falls abgeriegelt.
-
/ Cyrus Salimi-AslStraflose Willkür an EU-AußengrenzenEU-Bericht wirft Grenzbeamten Gewalt gegen Flüchtlinge vor – ohne Folgen für die Täter
-
/ Interview: Melanie M. KlimmerEU-Asylreform: »Schon heute findet eine Inhaftierung statt«Anne Pertsch betreut Geflüchtete in Griechenland und kritisiert das neue europäische Asylsystem
-
/ Ulrike Wagener, Istanbul/EdirneGeflüchtete in der Türkei: Stockschläge und BisswundenIn Deutschland wird über Asylverfahren in der Türkei spekuliert, aktuell ist es dort für Geflüchtete fast unmöglich, einen Antrag zu stellen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.