»Holt die Menschen aus den Lagern!«

Trotz Verbot forderten etwa fünfzig Menschen vor dem Brandenburger Tor die Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager

  • Mascha Malburg
  • Lesedauer: 2 Min.

»Holt die Menschen aus den Lagern!« schallt es von allen Seiten über den weiten Platz vor dem Brandenburger Tor. Zwischen Tiergarten und Pariser Platz stehen vereinzelt etwa 50 Menschen, einige stellen ein paar alte Schuhe auf, andere malen mit Kreide Fußspuren auf den Asphalt. »Das ist ein Zeichen, dass wir hier waren, auch wenn nicht alle auf einmal herdürfen«, sagt eine junge Frau mit knalloranger Schutzmaske. »#leavenoonebehind« (Lass niemanden zurück) hat sie mit Edding darauf geschrieben.

Zahlreiche Organisationen und Bewegungen, darunter »Seebrücke«, »Unteilbar«, »Fridays for Future« und »Ende Gelände«, hatten zu dem bundesweiten Aktionstag unter dem Motto »Wir hinterlassen Spuren – Leave no one behind« aufgerufen. Sie fordern die sofortige Evakuierung aller Menschen aus den überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln und an der EU-Außengrenze. Am Freitag hatte die Polizei die geplanten Versammlungen verboten. In Berlin und Hamburg hatten die Veranstalter gegen die Verbote geklagt, jedoch vor Gericht kein Recht bekommen. Die verantwortlichen Gruppen in Berlin riefen daraufhin zu »individuellen Spaziergängen zum Brandenburger Tor« auf.

GERADE MACHEN FÜR GEFLÜCHTETE - Protest am Brandenburger Tor während Corona

Es ist ein Protest gegen die Krise, in der Krise: »Wir probieren hier gerade aus, welche Form des Protests noch möglich ist«, sagt ein Mann. »Wir wollen ja niemanden anstecken, halten doch alle Abstand - Aber in Moria können die Menschen das nicht und dagegen müssen wir demonstrieren.«

Immer wieder ertönt aus dem Polizeiwagen vor dem Brandenburger Tor die Aufforderung den Platz zu verlassen und nach Hause zu gehen. »Die Refugees haben aber kein Zuhause!«, schreit eine junge Frau auf ihrem Fahrrad. Als die Polizisten auf sie zukommen, fährt sie davon. Die Meisten weichen den Polizisten, die nun den Platz räumen. Seit Freitag gelten in Berlin hohe Bußgelder für Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen. Niemand hier möchte 500 bis 2500 Euro zahlen, die für Versammlungen und Ansammlungen fällig werden. Im Zuge des Einsatz verteilt die Polizei einzelne Platzverweise und nimmt Personalien auf. Am Ende sammeln ein paar Polizisten auch die Schuhe ein, die die Aktivisten zum Zeichen aufgestellt haben.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.