Stilles Fest

Neujahr in Laos war wegen Corona Nebensache

  • Alfred Michaelis
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich steppt der Bär in Laos, wenn drei, diesmal vier Tage lang im April das Neujahrsfest begangen wird. Eigentlich dröhnt an jeder Ecke Musik in ohrenbetäubender Lautstärke, fließt das Bier in Strömen und wird jeder Passant kräftig mit Wasser übergossen. Die älteren und weniger auf Rummel bedachten Laoten wandern von Pagode zu Pagode, um die zu diesem Zweck im Freien aufgestellten Buddhafiguren sanft mit Wasser zu benetzen.

Doch nichts ist eigentlich im Jahr des Coronavirus. Gespenstische Stille herrschte über der Hauptstadt Vientiane, Polizeiposten an jeder größeren Kreuzung, die Autofahrer nach dem Woher und Wohin fragten. Die sonst dicht umlagerten Pagoden hielten meist ihre Tore geschlossen. Selbst die alkoholgetränkten Nachbarschaftsfeste fanden, wenn überhaupt, in heimlicher Stille statt. Denn seit publik wurde, dass sich der nachgewiesene Infektionsfall Nummer 19 beim lockerem Umtrunk ereignete, herrschte noch größere Zurückhaltung, die durch ein behördliches Alkoholverkaufsverbot bestärkt wurde.

Laos ist seit drei Wochen im Covid-Lockdown und wird es nach Beschluss der Regierung für weitere vierzehn Tage bleiben. Regierungseinrichtungen sind bis auf Notbesetzungen geschlossen, Ansammlungen aller Art untersagt, die Menschen aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Viele Läden und Dienstleistungseinrichtungen sind zu, Restaurants bieten Gerichte nur zum Mitnehmen an. Hochkonjunktur haben nur die Lieferdienste und deren Motorradkuriere.

Die laotische Wirtschaft ist in der Schockstarre. Dabei hatte die Regierung neben den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus auch ein Programm zur Milderung der Folgen für Wirtschaft und Bevölkerung verkündet. Für erst einmal drei Monate wird demnach für Einkommen unter fünf Millionen Kip (etwa 500 Euro) keine Einkommenssteuer erhoben. Der Haken an der begrüßenswerten Sache: Dazu muss man ein Einkommen haben. Viele Firmen haben ihre Mitarbeiter in einen verlängerten unbezahlten Neujahrsurlaub geschickt. Unternehmen im Tourismussektor wird ein Aufschub von drei Monaten für die Entrichtung ihrer Steuern eingeräumt. Doch der Tourismus, der sonst während des Neujahrsfestes nur so brummt, steht faktisch still. Seit Wochen meldet die Task-Force der Regierung die Zahl der Einreisen über die internationalen Flughäfen: Konstant null. Einwohner und Unternehmen können ihre Wasser- und Stromrechnungen ratenweise und verspätet zahlen. Aber gezahlt werden müssen sie doch.

Wie angespannt die Situation unter der Decke der allgemeinen Ruhe ist, konnte der Gouverneur des Hauptstadtdistrikts Saythany erfahren. Kaum hatte er verfügt, pro Familie in seinem Distrikt zwei Passierscheine gegen eine Gebühr von je 30 000 Kip (rund drei Euro) auszugeben und pro Haushalt eine Abgabe von 10 000 Kip zur Unterstützung der Dorfmilizen bei der Durchsetzung der Beschränkungen erlassen, da erhob sich ein heftiger Shitstorm in den sozialen Medien. Die Verfügung wurde nach nicht einmal 24 Stunden kassiert und der Premier erließ eine Bestimmung, die solche Gebühren ausdrücklich untersagt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -