Kaum Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland
Die ersten 47 Minderjährigen sind in Deutschland angekommen / Neue Diskussion um faire Verteilung
EU-Migrationskommissarin Ylva Johansson will rasch einen Reformvorschlag für das europäische Asylrecht vorlegen. Ein entsprechendes Papier sei »kurz vor der Fertigstellung« sagte Johansson den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ihr Ziel sei ein von allen Mitgliedsstaaten akzeptierter Kompromiss. »Ich hätte gerne einen verpflichtenden Solidaritätsmechanismus als Teil dieses Vorschlags.«
Auf eine faire Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU durch hatten zuvor auch die Innenminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien in einem Schreiben an die EU-Kommission gedrängt. Dabei sollte es allerdings in gut begründeten Fällen Ausnahmen geben, etwa, wenn ein Land unter besonderem Druck stehe, heißt es in dem Schreiben. »Ich begrüße die Initiative«, sagte Johansson zu dem Vorstoß der Innenminister und drängte angesichts der schwierigen Lage in griechischen Flüchtlingslagern auf eine zeitige Vorlage eines Reformvorschlags.
Erst am Samstag ist es nach Protesten wegen des Todes einer Bewohnerin in dem Lager Vial auf der griechischen Insel Chios zu einem Feuer gekommen. Eine 47-jährige Irakerin sei Anfang der Woche mit Fieber ins Krankenhaus gebracht worden, berichtete die griechische Nachrichtenagentur ANA. Dort sei sie zwar negativ auf das Coronavirus getestet worden, aber am Samstag dennoch verstorben. Aus Furcht vor dem Virus stehen die griechischen Flüchtlingslager derzeit unter Quarantäne. In zwei Lagern auf dem Festland wurden bislang Coronainfektionen registriert.
Ältere und kranke Flüchtlinge sollen ab Montag aus den überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln aufs Festland gebracht werden, weil sie dort besser geschützt werden können. Insgesamt geht es nach Angaben des griechischen Migrationsministeriums um rund 2380 gefährdete Menschen. Diese sollen innerhalb von zwei Wochen aus den Lagern auf den Inseln in Wohnungen, Hotels oder andere Lager gebracht werden.
Eine erste Gruppe von unbegleiteten Flüchtlingskindern aus Griechenland ist am Samstag auch in Deutschland eingetroffen. Die 47 unbegleiteten Kinder und Jugendlichen stammen laut Angaben des Bundesinnenministeriums aus Afghanistan, Syrien und Eritrea. Ursprünglich waren 55 Minderjährige erwartet worden. Sechs Kinder seien aber aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig gewesen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. »Wir stehen aber zu unserer Zusage, dass wir diese Kinder aufnehmen.« Wann sie nach Deutschland kommen könnten, sei noch offen. Die Bundesrepublik hatte sich dazu bereit erklärt, zwischen 350 und 500 minderjährige Geflüchtete aufzunehmen.
Während das UN-Kinderhilfswerk Unicef die Aufnahme als »Geste der Menschlichkeit« würdigte, sagte Anja Sportelli vom Seebrücke-Bündnis Berlin, die Anzahl der aufgenommenen Kinder sei »beschämend«, weil sie zu gering sei. Mit Agenturen
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