Schnelles Ende ohne Wehklagen
Die Bundesligen der Handballer und Handballerinnen brechen ihre Saison sofort ab
Handballer gelten als geradlinig, bodenständig und schmerzresistent. Mit dieser Haltung haben die Manager der Erst- und Zweitligisten sowie das Präsidium der Handball-Bundesliga (HBL) am Dienstag auch entschieden, die Saison in der 1. und 2. Liga sofort zu beenden. Ohne Wehklagen, sondern mit viel Pragmatismus und Realitätssinn votierten die Klublenker bei einer anonymen, schriftlichen Abstimmung mit »deutlich mehr« (HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann) als der geforderten Drei-Viertel-Mehrheit für eine Abwicklung der Spielzeit sieben Spieltage vor Schluss. So wurde es auf der virtuellen Mitgliederversammlung verkündet.
Bob Hanning, Manager der Füchse Berlin, war einer der wenigen, die gegen die Regelung stimmten, weil die Berliner durch die Quotientenregelung (Punkte durch Anzahl der Spiele multipliziert mit 100) knapp aus den Europapokalrängen rutschten. Marc-Henrik Schmedt, Manager des SC Magdeburg und Vizepräsident der HBL, sagte dieser Zeitung: »Da bis zum 31. August keine Großveranstaltungen möglich sind, war es alternativlos abzubrechen. Damit müssen wir jetzt umgehen.« Für alle Klubs werde zunächst ein Überleben bis in die Sommerpause hinein möglich sein. »Wir müssen den Blick auf die neue Saison richten«, so Schmedt.
Geisterspiele wurden anders als im Fußball gar nicht ernsthaft diskutiert. Weil erstens nicht abzusehen ist, wann eine Vollkontakt-Sportart wie Handball wieder in den Hallen stattfinden kann. Zweitens bilden Zuschauereinnahmen einen viel größeren Anteil in den Etats als bei Fußballklubs, während das Fernsehgeld mit maximal fünf Prozent kaum zu Buche schlägt. Die Hallen nur für die TV-Zuschauer aufzuschließen, wäre wirtschaftlich nicht tragbar gewesen. Und drittens ist für viele Verantwortliche eine Saisonfortsetzung der Situation nicht angemessen. Karsten Günther, Manager des Leipziger Erstligisten SC DHfK, der die Saison auf Rang acht beendet, hält etwa »überhaupt nichts« von Coronatests für Spieler, wie in der Fußball-Bundesliga vorgesehen. »Es ist für mich keine Option, dass wir als gesunde und fitte Menschen Testkapazitäten binden. Das kommt für uns nicht infrage!«, so Leipzigs Macher.
So ist nun also der THW Kiel zum 21. Mal Meister. Die SG Flensburg-Handewitt darf in der Champions League starten, Magdeburg, Hannover-Burgdorf und die Rhein-Neckar Löwen in der neu gegründeten Euro League. Absteiger aus der 1. und 2. Liga gibt es keine. »Wenn man nach 27 von 34 Spielen den dritten Platz bestätigt hat und in der Euro League teilnehmen darf, kann man bei aller Corona-Dramatik auch stolz auf das Geleistete sein«, betonte Schmedt.
In der Bundesliga der Frauen wird hingegen kein Meistertitel vergeben, weil noch fast ein Drittel der Saison ausstand. Spitzenreiter Borussia Dortmund wird für die Champions League gemeldet, die Liga auf 16 Teams erweitert. Union Halle-Neustadt ist vorbehaltlich der Lizenzprüfung einer von zwei Aufsteigern.
Während die Profis beim SCM wohl bis zum 30. Juni in Kurzarbeit bleiben, hat Manager Schmedt nun alle Hände voll zu tun. »Wir werden ein Höchstmaß an Solidarität einfordern müssen, weil uns momentan die Geschäftsgrundlage fehlt«, sagte er und kündigte an, mit Sponsoren und Dauerkarteninhabern »hoffentlich eine saisonübergreifende Lösung« zu finden. Zudem bedarf es eines Plans, mit dem in der zweiten Jahreshälfte wieder Spiele stattfinden sollen. »Wir schauen genau, wie der Fußball sein Hygienekonzept gestaltet und was der Handball daraus adaptieren kann«, sagte Schmedt. Dabei erwartet er auch finanzielle Unterstützung der Landespolitik: »Wenn es im September wieder losgeht, kriegen wir das hin. Wenn es länger dauert, brauchen wir im Spitzensport eine Überbrückung für die Zeit, bis wir wieder vor Publikum spielen können.«
Der SC Magdeburg sei als Traditionsverein einer der wenigen sportlichen »Identitätsträger« Sachsen-Anhalts, betonte Schmedt. Für das Selbstbewusstsein der Menschen seien Klubs wie der SCM oder die Fußball-Drittligisten Hallescher FC und 1. FC Magdeburg »extremst wichtig«. Da müsse es einen Unterschied zu Veranstaltungen mit »durchreisenden Schlagersängern« geben. In Sachsen wurden schon zehn Millionen Euro für den Spitzensport bereitgestellt.
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