Würden sie doch mehr Torten essen
Bäckerinnung meldet ein Ende der Hamsterkäufe von Brot und zugleich empfindliche Einbußen bei Kaffee und Kuchen
Berlin. Beim Bäcker verlangen Kunden derzeit deutlich häufiger Brot als vor der Coronakrise. Die Umsatzeinbrüche in anderen Bereichen macht das allerdings nicht wett, und das Kaufverhalten normalisiert sich wieder. »Es wird durchschnittlich mehr Brot gekauft, aber es gibt keine Hamstereffekte mehr, nicht mehr die einzelnen Kunden, die zehn Kilo kaufen, wie wir das am Anfang beobachten konnten«, sagte Johannes Kamm, Geschäftsführer der Bäckerinnung Berlin.
Weil Geburtstags- und andere Familienfeiern ausfallen, sei andererseits die Nachfrage nach Kuchen und Torten deutlich geringer. Und der Cafébereich, der vielen Bäckereien wichtige Umsätze bringt, ist nach wie vor dicht. Wie stark die Coronakrise die Bäcker trifft, ist nach Einschätzung der Innung sehr unterschiedlich. »Es gibt Betriebe, die durchaus gut dastehen und kaum Rückgänge hatten. Aber wir haben auch welche mit einem Fokus auf die Belieferung von Gastronomie und Hotellerie - da ist das Geschäft zusammengebrochen mit Umsatzrückgängen von 60, 70 Prozent«, sagte Kamm.
Dass Betriebe in naher Zukunft dicht machen müssten, sehe er nicht. »Aber wir wissen, dass es für manche durchaus schwierig ist. Die Schließung der Bäckereicafés ist nicht dauerhaft durchzuhalten, die Rücklagen werden nach und nach aufgezehrt«, sagte Kamm. »Uns als Branche geht es vergleichsweise gut, wir sind glimpflich weggekommen, wenn ich an die Gastronomie und Hotellerie denke.« Probleme haben nach seiner Einschätzung gerade Verkaufsstellen im unmittelbaren Umfeld von Bürokomplexen oder in der Innenstadt. »Auch wenn es inzwischen die ersten Lockerungen gibt, halten sich die Menschen dort noch zurück. Dass sie die Innenstadtlagen stürmen, können unsere Betriebe jedenfalls noch nicht feststellen«, sagte Kamm. »Wenn ich an die Friedrichstraße denke, wo auch viele Büros sind, da fehlt noch die Laufkundschaft, weil die Leute von zu Hause aus arbeiten.« Es gebe aber auch den Trend, dass die Menschen den Bäcker in ihrem Kiez wiederentdecken. »Die Leute kaufen wieder stärker bei sich um die Ecke ein.« In Brandenburg komme hinzu, dass die Ausflügler fehlen, auch die Berliner, die am Wochenende mal rausgefahren seien, sagte Kamm. »Zu Ostern haben wir das in Brandenburg, aber auch in Berlin erheblich gemerkt, dass die Touristen gefehlt haben.«
Kritik am Senat übt Kamm wegen der Einführung der Maskenpflicht in Berlin in der vergangenen Woche, weil sie so kurzfristig gekommen sei. »Das ist dienstags beschlossen worden, mittwochs galt sie schon. Um 5.30 Uhr haben bei uns die ersten Betriebe geöffnet, die hatten überhaupt keine Möglichkeit, sich vorzubereiten«, bedauerte Kamm. »Wir haben Kunden gehabt, die überhaupt nichts davon wussten. Unser Personal hat dann zum Teil als Blitzableiter fungiert.« dpa
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.